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Mainz ist keine Ausnahme – DB AG spart den Bahnverkehr im Land kaputt

Mainz ist keine Ausnahme – DB AG spart den Bahnverkehr im Land kaputt

Falsche Fokussierung des Bahn-Managements

Die Zugausfälle am Mainzer Hauptbahnhof sind Folge falscher Unternehmensziele der Deutschen Bahn AG. Rendite auf dem globalen Logistikmarkt geht auf Kosten eines funktionierenden Bahnverkehrs in Deutschland. „Personal und Wartung der Züge sind seit Jahren so knapp kalkuliert, dass die Störung der Normalfall ist,“ sagt Monika Lege für das Bündnis Bahn für Alle. „Die Durchsage von der ‚Störung im Betriebsablauf‘ gehört heute zur Bahnreise wie die vier Jahreszeiten.“

Bernhard Knierim vom Bündnis Bahn für Alle ergänzt: „Was wir momentan in Mainz erleben, ist nur die Spitze des Eisbergs. Ganz besonders die Fahrdienstleiterinnen und -leiter, aber auch die anderen Beschäftigten im Bahnbetrieb gehen schlichtweg auf dem Zahnfleisch. Über die letzten Jahre haben erhebliche Arbeitsverdichtungen stattgefunden, die nicht nur zu Zugausfällen wie in Mainz und den massiven Verspätungen im täglichen Betrieb führen, sondern die auch auf Kosten der Sicherheit gehen.“ Allein von 2000 bis 2010 sank die Zahl der Beschäftigten im Fernverkehr auf die Hälfte, beim Netz wurde fast ein Viertel abgebaut. Knierim verwies darauf, dass in vielen Stellwerken heute einzelne Beschäftigte Aufgaben erfüllen müssen, für die eigentlich mehrere FahrdienstleiterInnen benötigt werden. Damit steige die Fehleranfälligkeit erheblich, was schlimmstenfalls tödliche Folgen haben könne. „Dass diese eigentlich vom Management verursachten Probleme jetzt den Beschäftigten vor Ort in die Schuhe geschoben werden, ist ein Skandal für sich“, so Knierim.

Während die DB im Inland auf der Schiene seit Jahren auf Verschleiß fährt, expandiert sie auf dem weltweiten Logistik-Markt. Erhebliche Mittel aus dem Schienennetz fließen in das bahnfremde Geschäft des Konzerns: 2012 war das Netz mit einem Gewinn von 894 Millionen Euro der größte Gewinnbringer des Konzerns.

Der radikale Belegschaftsabbau der DB AG im Schienenbereich führt zu höherer Arbeitsintensität und Wertschöpfung je Beschäftigten. Während es im reinen Schienenbereich in Deutschland 1994 noch 320.000 Beschäftigte gab, waren es Ende 2012 nur noch knapp 190.000. Das ist ein Rückgang um gut vierzig Prozent, trotz deutlich mehr Leistung.

In früheren Personalberichten der DB AG wurde positiv vermerkt, dass der Krankenstand kontinuierlich gesunken sei. Von 1994 bis 2004 fiel der Prozentsatz der kranken Beschäftigten mit Entgeltzahlung als Anteil an allen Beschäftigten von 5,4 Prozent auf 3,8 Prozent. Doch längst gibt es eine entgegengesetzte Entwicklung. 2012 lag der Krankenstand im Gesamtkonzern wieder bei fünf Prozent, bei der Schiene im Inland, dem eigentlichen Kerngeschäft, bei sieben Prozent. Es sind vor allem die produktiven Sektoren, in denen der Krankenstand besonders hoch ist. Verstärkt wird diese Belastung durch einen gewaltigen Aufbau der Überstunden: Allein im Personenverkehr (Inland) hatten sich bis 2012 2,8 Millionen Überstunden angesammelt.

Das Bündnis Bahn für Alle fordert eine Wende in der Bahnpolitik. Statt auf einen Bilanzgewinn zu fokussieren, der nach Abzug der geleisteten Subventionen ohnehin ein Realverlust ist, muss die Deutsche Bahn AG klare Vorgaben von der Bundesregierung erhalten: Für einen sicheren, qualitativ hochwertigen Zugverkehr und ohne die Interessen der Beschäftigten gegen die der Fahrgäste auszuspielen.

Der Alternative Geschäftsbericht der DB AG 2012, der die falsche Orientierung des Unternehmens insbesondere auch in Bezug auf die Beschäftigten detailliert darlegt und mit Zahlen belegt, kann hier heruntergeladen werden:
http://www.bahn-fuer-alle.de/media/docs/2013/AltGeschBer2012.pdf

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EVG-Vorsitzender trifft sich mit Bahn von unten

Gespräch am 17. Juni

EVG-Vorsitzender trifft Bahn von unten

Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), hatte unsere Initiative Bahn von unten zum Gedankenaustausch eingeladen. Im Mittelpunkt der Aussprache standen die zunehmende Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs, das 4. Eisenbahnpaket der EU-Kommission, die Folgen von Ausschreibungen, die drohende Zerschlagung des DB-Konzerns, die Bewertung von Privatisierungstendenzen, weitere Herausforderungen und anstehende Abwehrkämpfe. Ein ausführlicher Bericht folgt. Im Bild v.l.n.r.: Alfred Lange, Michael Stiegler, Alexander Kirchner, Genoveva Brandenburger, Uwe Larsen Röver, Hans-Dietrich Springhorn. Foto: Hans-Gerd Öfinger

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Anhörung zeigt: Gewerkschaften sind gegen Privatisierung und Liberalisierung

Europas Bahngewerkschaften lehnen weitere Privatisierungen im Eisenbahnbereich überwiegend ab. Das wurde bei einer Anhörung Anfang April 2003 im Europäischen Parlament in Brüssel deutlich. Eingeladen dazu hatten die Abgeordneten Sabine Wils (Hamburg) und Jaromír Kohlicek (Tschechische Republik) von der Linksfraktion (GUE-NGL).

»Die Menschen in unserem Lande wollen keine Privatisierung und Liberalisierung der Eisenbahn«, erklärte der Belgier Serge Piteljon von der Europäischen Transportarbeiterförderation (ETF). Als Generalsekretär der Sektion Eisenbahn in der Gewerkschaft GGSP hatte er im vergangenen Oktober einen eintägigen landesweiten Bahnstreik gegen die Zerschlagung der belgischen Eisenbahn mit organisiert. [...]

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Statt Co-Management brauchen wir den Schulterschluss aller Bahngewerkschaften in Europa

Nach viereinhalb spannenden Jahren ist der aktuelle Gewerkschaftstag der Bahngewerkschaft EVG – ehemals TRANSNET – im November 2012 Anlass genug, um zu fragen: Wo stehen wir heute? Ist es uns gelungen, die aus der Wut über den Seitenwechsel von Norbert Hansen erwachsene Sehnsucht nach Veränderung in positive Schritte umzusetzen und entsprechende politische und organisatorische Konsequenzen zu ziehen?

Erinnern wir uns: „Transnet will die Privatisierung“, hielt uns bei der zentralen DGB-Maikundgebung 2008 in Mainz der Hauptredner Kurt Beck (SPD) entgegen, als wir gegen den gerade beschlossenen Bahn-Börsengang protestierten. Eine Woche später dann die Auflösung des Rätsels: Norbert Hansen trat als TRANSNET-Vorsitzender zurück und wechselte als neuer Personalvorstand nahtlos in die DB-Chefetage. Viele Mitglieder sahen darin einen Verrat. Zuvor hatte Hansen jahrelang im Schulterschluss mit dem damaligen DB-Chef Hartmut Mehdorn die Privatisierung propagiert und Privatisierungskritiker in den eigenen Reihen gegängelt und mundtot gemacht.

Hansens Nachfolger Lothar Krauß blieb auf Linie und war nur kurz im Amt. Im November stolperte er über Boni für Manager im Zusammenhang mit dem für Oktober 2008 geplanten Börsengang, denen er im Personalausschuss des DB-Aufsichtsrats zugestimmt hatte. Seit November 2008 steht Alexander Kirchner an der Spitze der Organisation. [...]

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Privatisierungspläne: Aufwachen!

Wer glaubt, die Deutsche Bahn bliebe auf absehbare Zeit von Privatisierung verschont, sieht sich durch jüngste Äußerungen von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer eines Besseren belehrt. So flirtet der CSU-Mann mit der Idee, »dass ein Investor etwa in den Fahrbetrieb der DB Mobility investieren würde« und diese »strategische Kapitalaufstockung« die Investitionskraft der Bahn erhöht.

Gewerkschafter und Privatisierungskritiker sollten diese Warnung ernst nehmen. Der Bundestagsbeschluss vom Mai 2008 sieht einen Börsengang der eigens zur Privatisierung gebildeten DB Mobility Logistics AG (DB ML AG) vor. Unter ihrem Dach sind die DB-eigenen Transport- und Servicegesellschaften angesiedelt, nicht aber die Infrastruktur. Finanzminister Steinbrück (SPD) blies den Börsengang im Oktober 2008 unter dem Eindruck der aufziehenden Finanz- und Wirtschaftskrise kurzfristig ab. Der Beschluss wurde jedoch nicht zurückgenommen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Dass Schwarz-Gelb noch vor einer Wahlniederlage handstreichartig vollendete Tatsachen schafft, den Privatisierungszug ins Rollen bringt und so eine Sogwirkung auslöst, ist möglich. Warnungen vor britischen Zuständen stoßen bei ihnen ebenso auf taube Ohren wie die wahren Ursachen des Berliner S-Bahn-Chaos oder des Winterchaos bei der Bahn vor gut einem Jahr. Dass Privatisierungen unpopulär sind, lässt ihre Betreiber und Lobbyisten kalt. Es geht um viel Geld und renditeträchtige Filetstücke. Eine Teilprivatisierung der DB ML AG würde durch verstärkten Renditedruck die auch von der EU betriebene Trennung und Filetierung der Eisenbahnen fördern.

Ein solches Szenario müsste unsere Gewerkschaft EVG auf den Plan rufen, die aus gutem Grund vor der Zerschlagung warnt. 2012 werde man »mit aller Macht« gegen einen Zwang zur Trennung integrierter Bahnen agieren«, so der Kollege  Alexander Kirchner. Vorsitzender der EVG, beim kleinen Gewerkschaftstag Ende 2011 in Fulda. Doch mit einem klaren »Nein« zu jeder Form von Privatisierung tun sich manche an der EVG-Spitze schwer. »Sollte die Privatisierung erneut aufgerufen werden, machen wir eine Diskussion und Mitgliederbefragung«, versprach Kollege Kirchner immerhin. Wann, wenn nicht jetzt?

www.bahnvonunten.de

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Opposition im Europaparlament

Rede der Abgeordneten Sabine Wils (DIE LINKE) zur Neufassung des Ersten Eisenbahnpakets im Europaparlament am 14. November 2011

Bei der Neufassung des Ersten Eisenbahnpakets geht es offensichtlich darum, den privaten Konzernen im Eisenbahnsektor ihre Profite zu sichern. Mit der Möglichkeit der Unterauftragsvergabe, der Privatisierung von Rangierbahnhöfen und Instandhaltungswerken sowie deren Betrieb durch private branchenfremde Unternehmen sollen die integrierten öffentlichen Eisenbahnunternehmen zerstört werden. Obwohl die Praxis in Großbritannien bereits zeigt, dass das der falsche Weg ist, soll dieser EU-weit beschritten werden. [...]

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EU-Parlament fördert Zerschlagung und Privatisierung der Bahnen

Presseerklärung
Basisinitiative Bahn von unten warnt:
EU-Parlament fördert Zerschlagung und Privatisierung der Bahnen
Heute hat das Europaparlament in Strasbourg über die sogenannte 
Neufassung“ des Ersten Eisenbahnpakets abgestimmt. Trotz 
gewerkschaftlicher Warnungen und Proteste sollen damit die weitere 
Aufspaltung bestehender Bahngesellschaften und die Liberalisierung und 
Privatisierung im Eisenbahnwesen vorangetrieben werden. Hierzu erklärt 
die gewerkschaftliche Basisinitiative „Bahn von unten“, Mitglied im 
Aktionsbündnis „Bahn für Alle“:

Obwohl die Bahnprivatisierung in Großbritannien ein teurer Irrweg war 
und die vor 20 Jahren eingeleitete europaweite Liberalisierung nicht 
die versprochenen Erfolge gebracht hat, wollen EU-Kommission und 
EU-Parlament nun eine härtere Gangart einlegen. Dabei geht es vor allem 
um die Öffnung profitabler Teilbereiche für private Konzerne.

Damit soll der private Profit über die Sicherheit und Interessen der 
Fahrgäste und Beschäftigten gestellt werden. So werden auch 
Menschenleben aufs Spiel gesetzt“, warnt Hans-Gerd Öfinger, Sprecher 
der Initiative Bahn von unten. Ebenso solle eine Unterauftragsvergabe 
und Privatisierung von Teilbereichen wie Rangierbahnhöfen und 
Instandhaltungswerken durch branchenfremde Unternehmen erzwungen 
werden. „Dies fördert Lohndumping und Leiharbeit und steigert die 
Risikobereitschaft in Sicherheitsfragen“, erklärt Öfinger: „Die 
geforderte weitgehende Trennung von Bahngesellschaften in Infrastruktur 
und Betrieb hat ein Aufblähen neuer Verwaltungsapparate zur Folge.“

Die neoliberal motivierte Zerschlagung und Privatisierung der 
Eisenbahnen stärkt die Tendenz zur Rosinenpickerei, behindert die 
dringend notwendige Verlagerung von Güter- und Personenverkehr auf die 
Schiene und sabotiert den Europagedanken“, so Öfinger: „Die Eisenbahn 
ist ein komplexes zusammenhängendes Gefüge, das nicht in 
profitorientierte Filetstücke zerlegt werden darf. Statt Zerstückelung 
der Eisenbahnen, Verdrängungswettbewerb und Wirtschaftskrieg brauchen 
wir eine partnerschaftliche Kooperation. Unser Ziel: die Vereinigten 
Eisenbahnen von Europa im öffentlichen Eigentum und unter 
demokratischer Kontrolle der Beschäftigten und der Öffentlichkeit.“

Nachdem die EU-Kommission für 2012 eine Richtlinie zur vollständigen 
Zerschlagung der Eisenbahngesellschaften angekündigt habe, sei nun ein 
europaweiter Widerstand dringend geboten, fordert Öfinger: „Ein 
Schulterschluss von Beschäftigten, Gewerkschaften, Eisenbahnfachleuten, 
Privatisierungsgegnern und Umweltverbänden ist nötiger denn je.“

Unsere Alternative:
Eine moderne und integrierte Eisenbahn in öffentlicher Hand und unter 
demokratischer Kontrolle
http://www.bahnvonunten.de/?p=600

Weitere Informationen:
Hans-Gerd Öfinger, Tel. 0173 – 65 28 418,
info@bahnvonunten.de - www.bahnvonunten.de

16. November 2011

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Für eine moderne und integrierte Eisenbahn in öffentlicher Hand und unter demokratischer Kontrolle

Schluss mit Zerschlagung und Privatisierung – für eine moderne und integrierte Eisenbahn in öffentlicher Hand und unter demokratischer Kontrolle

Fast zwei Jahrzehnte sind vergangen, seitdem uns die Urheber und Betreiber der Bahnreform das Blaue vom Himmel und ein neues goldenes Eisenbahnzeitalter versprochen haben. Doch die Bilanz ist ernüchternd. Unterm Strich stagniert der Anteil der Eisenbahn am gesamten Verkehrsaufkommen, die einstigen Verlagerungsziele wurden weitgehend verfehlt. Die von der EU-Kommission initiierte und vom EU-Parlament beschlossene Richtlinie sieht eine weitere Liberalisierung des Eisenbahnsektors, mehr Ausgliederungen vor und bereitet eine faktische Zerschlagung bestehender integrierter Eisenbahngesellschaften vor.

Woran kranken das Eisenbahnwesen und die Verkehrspolitik?

Als Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mit teils langer Berufserfahrung beobachten wir seit vielen Jahren bei Politik und großen Teilen des Bahnmanagements immer wieder ein grundlegendes Unverständnis bzw. eine permanente Missachtung der Eisenbahn als ein eng vernetztes System, das nur dann optimal funktioniert, wenn ein reibungsloses Zusammenwirken aller seiner Komponenten sichergestellt wird. Die politisch-ideologisch gewollte Zerschlagung in unabhängig voneinander operierende und nur noch eigene Ziele verfolgende Gesellschaften schadet aber dem Gesamtsystem.

Seit Beginn der „Bahnreform“ wurden betriebswirtschaftlich-kaufmännische sowie juristische Funktionen und Denkweisen überbetont und haben einst vorhandenes eisenbahnspezifisches Fachwissen an vielen Stellen verdrängt. Daneben scheinen externe und fachlich oftmals unkundige Berater einen höheren Stellenwert als erfahrene Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu genießen. Pflege und Ausbau des unabdingbar notwendigen eisenbahnbetrieblichen und -technischen Know-hows wurden in erheblichem Maße vernachlässigt.

Zudem wurde die Eisenbahn mit der in den 1990er Jahren eingeleiteten Liberalisierung einem exzessiven und auf Dauer zerstörerischen Wettbewerb auf der Schiene ausgesetzt. Dieser Wettbewerb, der nachweislich zu Lasten der Beschäftigten, der Qualität und der Sicherheit ausgetragen wird und das Sozial- und Umweltdumping verschärft, wird jedoch kaum kritisch hinterfragt. Das würde ja auch schlecht in das Weltbild der vorherrschenden und leider von fast allen Medien kritiklos nachgebeteten marktradikalen Ideologie passen, für die das Allzweckmittel „Wettbewerb“ auch im Eisenbahnverkehr eine Art absolut und immer geltendes religiöses Bekenntnis zu sein scheint. Dass die Eisenbahn bereits einem scharfen Wettbewerb durch den Straßen- und Luftverkehr ausgesetzt ist und man abseits aller Wettbewerbsmanie auch einmal darüber nachdenken müsste, was das System Eisenbahn insgesamt voranbringen könnte, geht dabei offenbar völlig unter.

Negative Medienberichte über unzureichende Leistungen schaden dem Ansehen der Eisenbahn und ihrer Mitarbeiter in hohem Maße und machen uns betroffen. Die genannten Probleme können aber am allerwenigsten den Beschäftigten angelastet werden. Vielmehr sind sie zu einem großen Teil durch die herrschende Wettbewerbs-, Liberalisierungs- und Privatisierungspolitik verschuldet. Wenn die Eisenbahn auf maximale Rendite und Börsenfähigkeit getrimmt, in unzählige Gesellschaften und Zuständigkeiten zersplittert wird, und wenn immer mehr Aufgaben an Fremdfirmen gehen, braucht man sich letztlich auch über solche Erscheinungen wie das vergangene Winterchaos nicht mehr zu wundern. Und als ob die Verantwortlichen keine Lehren aus den negativen Erfahrungen mit Privatisierung und Zerschlagung der Eisenbahn in Großbritannien und den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise gezogen hätten, soll dieser fatale Irrweg offenbar weiter fortgesetzt werden. Dabei ist eine kritische Bestandsaufnahme der Auswirkungen aller seit der „Bahnreform“ von 1994 vorgenommenen Veränderungen, Umstrukturierungen und Zerschlagungen längst überfällig. Der Bundestagsbeschluss vom Mai 2008 zur Teilprivatisierung der DB ML AG wurde jedoch bisher nicht aufgehoben und dient weiterhin als Handlungsauftrag an den DB-Vorstand!

Zunehmende Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes, ein weiterhin steigendes Verkehrsaufkommen und drohende Engpässe in der Infrastruktur lassen einen umfassenden Ausbau des Systems Schiene immer dringlicher werden. Doch die herrschende Verkehrspolitik erfüllt nicht ihre diesbezüglichen Aufgaben. Im Gegenteil: Die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV wurden gekürzt, und die knappen Haushaltsmittel für den Bundesschienenwegebau fließen vorrangig in kostenintensive und eher prestigeträchtige Vorhaben mit oft fraglichem Effekt. Es herrschen Flickwerk und Durchwurstelei, wo eigentlich ganzheitliche, langfristige und nachhaltig wirkende Verkehrskonzepte gefragt wären.

Was muss geschehen? Eckpunkte für einen Kurswechsel

  • Sämtliche Aktivitäten, Planspiele und Diskussionen um Börsengang, Privatisierung, Zerschlagung und (Teil-)Verkauf der Deutschen Bahn AG oder einzelner Töchter müssen endgültig und dauerhaft beendet werden. Der Bundestagsbeschluss vom Mai 2008 zur Teilprivatisierung der DB ML AG muss zurückgenommen werden.
  • Der permanente leistungshemmende Abbau von Ressourcen (vor allem im Anlagen- und Personalbereich) sowie von Kapazitätsreserven ist zu stoppen bzw., wo erforderlich, rückgängig zu machen.
  • Die grundlegenden Fehler der „Bahnreform“ von 1994, vor allem die Überführung der Deutschen Bahnen in die Rechtsform der privaten Aktiengesellschaft, müssen korrigiert werden. Die Eisenbahn soll der Allgemeinheit dienen. Sie eignet sich nicht als Anlage- und Renditeobjekt. Daher muss sie in eine öffentliche Rechtsform zurückgeführt werden, die eine Zerschlagung und Privatisierung ausschließt. Organisation und Verwaltung des Systems Eisenbahn müssen so erfolgen, dass es bestmöglich, effizient und kundenorientiert sowohl nach außen als auch in seinen inneren Strukturen und Abläufen funktionieren kann.
  • Hohe Qualität, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Eisenbahn müssen zügig (wieder-)hergestellt und dauerhaft gesichert werden. Die Entwicklungen im Bereich der Anlagen- und Fahrzeugtechnik sind konsequent an der funktionalen Einheit des Rad-Schiene-Systems zu orientieren, müssen Anforderungen hinsichtlich hoher Robustheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit im Alltagsbetrieb erfüllen sowie vor dem Betriebseinsatz ausreichend lange erprobt werden.
  • Das im DB-Konzern noch vorhandene eisenbahnbezogene, insbesondere das ingenieurtechnische und betriebliche Fachwissen ist unbedingt zu sichern und durch geeignete Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen mit engem Bezug zur Bahnpraxis wieder umfassend auszubauen. Andere Bahnen ??? Ältere und langjährig berufserfahrene Fachkräfte sind nicht, wie die Praxis leider oft genug zeigt, aus dem DB-Konzern zu drängen, sondern als wertvolle Know-how-Träger für den personellen Nachwuchs zu fördern und im Unternehmen zu halten. Es ist darüber hinaus auch nicht hinnehmbar, dass viele Kolleginnen und Kollegen immer höherer beruflicher Belastung ausgesetzt werden, während andere darunter leiden, nicht mehr gebraucht zu werden. Die in der DB Jobservice GmbH befindlichen MitarbeiterInnen müssen wieder in ihre Führungsgesellschaften zurückgeführt bzw. optimal dort integriert werden.
  • Anstelle rein karriereorientierter Manager und fachfremder „Seiteneinsteiger“ braucht die Eisenbahn praxiserfahrene Führungskräfte, für die nicht der Drang nach Rendite, Boni und Tantiemen, sondern das Wohl des gesamten Unternehmens und seiner Beschäftigten – dem „wertvollsten Kapital“ – im Vordergrund steht. Untrennbar damit muss eine Unternehmenskultur verbunden sein, die nicht auf Unterwürfigkeits- und Obrigkeitsdenken, sondern auf einen partnerschaftlichen und konstruktiv-kritischen Dialog zwischen Mitarbeiter- und Führungsebene setzt.
  • Statt Konzentration auf Milliarden verschlingende Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 oder NBS Nürnberg-Erfurt wird auch für Deutschland ein zukunftsweisendes und bundesweites Gesamtkonzept für den Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr benötigt, wie es im Nachbarland Schweiz in vorbildlicher Weise entwickelt wurde. Die Finanzmittel für den Netzausbau müssen unbedingt aufgestockt werden und sollten sich strikt am Infrastrukturbedarf für ein solches Gesamtkonzept und nicht an politischen und wirtschaftlichen Einzelinteressen orientieren. Die Schiene muss Rückgrat eines attraktiven öffentlichen Verkehrssystems werden, das künftigen Anforderungen von Umwelt-, Energie- und Raumordnungspolitik optimal gerecht werden kann.
  • Die systematische Benachteiligung der Eisenbahn gegenüber konkurrierenden Verkehrsträgern muss gestoppt, die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen müssen beseitigt werden. Anstatt mit einem liberalisierten Buslinienfernverkehr und Riesen-LKW’s („Gigaliner“) neue und volkswirtschaftlich unsinnige Parallelkonkurrenz zur Schiene zu erzeugen, sollte die Verkehrspolitik vielmehr den erforderlichen Rahmen dafür schaffen, dass Bahn und Bus bzw. Straße und Schiene in einem integrierten und flächendeckenden öffentlichen Verkehrsangebot sinnvoll untereinander verknüpft werden können. Statt Abführung von Dividenden sollten die verfügbaren Erträge vor allem zur Qualitäts- und Kapazitätsverbesserung im Fahrzeug- und Infrastrukturbereich eingesetzt werden.
  • Wir lehnen einen Wettbewerb auf der Schiene ab, der das System Bahn immer weiter zerstückelt, insgesamt schwerfälliger und damit letztlich auch teurer macht. Dieser Wettbewerb erinnert in Teilen zudem an einen Rückfall in die Kleinstaaterei des 19. Jahrhunderts und spielt sich oft genug nur im Bereich der Lohnkosten und damit auf dem Rücken der Beschäftigten ab. Daneben führt er zu einer Aufblähung von Behörden- und juristischen Strukturen sowie eher hemmenden Regularien und setzt die Eisenbahnen einem unsinnigen Verdrängungskampf untereinander aus. Statt eines Verdrängungswettbewerbs zwischen den Bahnen fordern wir aber einen Wettbewerb um Ideen und Konzepte für eine „beste Eisenbahn“. Anstatt sich gegenseitig Marktanteile abzujagen, sollten die Eisenbahnen miteinander kooperieren und gemeinsame Strategien entwickeln, um sich im Wettbewerb gegenüber Auto und Flugzeug besser behaupten zu können.

Es mag sein, dass wir mit manchen Forderungen auch Kritik und Widerspruch auslösen werden. Dem stellen wir uns gerne. Denn wir wollen Veränderung. Diese kann es aber nur dann geben, wenn herrschende Dogmen, Ideologien und Strukturen nicht als der Weisheit letzter Schluss angesehen, sondern mutig in Frage gestellt werden. Bestehende Missstände müssen aufgedeckt, ihre Ursachen ausreichend ergründet und ehrlich benannt werden. Die Diskussion um einen besseren Weg ist mit allen Beteiligten offen und kritisch zu führen.

Auch wenn manches früher besser funktionierte, wollen wir keine 1:1-Rückkehr zu einer Staatsbahn alter Prägung. Wir wollen ein modernes und kundenorientiertes, effizientes und integriertes System Eisenbahn in öffentlicher Hand und unter demokratischer Kontrolle, das dem künftigen Verkehrsbedarf und ökologischen Herausforderungen langfristig gerecht werden kann. Und: nur eine bürgernahe und gesellschaftlich breit akzeptierte Eisenbahn kann gleichzeitig auch eine sympathische Eisenbahn sein.

www.bahnvonunten.de, info@bahnvonunten.de

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Europaweite Streiks vorbereiten!

Zum Aktionstag der EisenbahnerInnen am 8. November in Saarbrücken waren Kolleginnen und Kollegen aus dem Saarland, Frankreich und Luxemburg erschienen. Dass diese Aktion erst der Anfang war und schwere Zeiten bevorstehen, machte Guy Greivelding, Vorsitzender der Sektion Eisenbahn in der Internationalen Transportarbeiterförderation (ETF), in seiner Rede klar.

“Liberalisierung heißt Privatisierung, Filialisierung und Deregulierung”, stellte Greivelding das neue Eisenbahnpaket der EU-Kommission in einen breiteren Zusammenhang: “Liberalisierung und Privatisierungen bedeuten schlechtere Lohnbedingungen, mit allen Mitteln erzwungene Wettbewerbsfähigkeit, und bedingungslosen Konkurrenzkampf, der überwiegend auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.” [...]

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Wie weiter nach der Demo?

Unser Flugblatt für die ETF-Demonstration am 8. November 2011 in Saarbrücken:

Nur Einheit und Schlagkraft helfen weiter - Wie weiter nach der Demo?
ETF-Kundgebung in Saarbrücken

ETF-Kundgebung in Saarbrücken

Mit der um sich greifenden Wirtschaftskrise in Europa und aller Welt sinkt auch das Vertrauen in die Kräfte des freien Marktes, der Deregulierung und Privatisierung. Doch der Wahnsinn hat Methode und geht weiter. Eine treibende Kraft ist die EU-Kommission. Sie meint es ernst mit einer Liberalisierung und Zerschlagung großer Eisenbahngesellschaften, mit der Trennung von Netz und Betrieb. Die Eisenbahn ist aber ein zusammenhängendes Gefüge. Es gehört in öffentliche Hände und darf nicht in profitorientierte Einzelteile zerlegt werden. Eine funktionierende Eisenbahn kann es nur im Ganzen geben und in Europa nur in einem partnerschaftlichen Miteinander. Wenn wir uns im europaweiten Verdrängungswettbewerb der Bahnen gegeneinander ausspielen lassen, haben wir verloren. [...]

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