Alarmstufe 1: Die
Zerschlagung nimmt ihren Lauf
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Nach der Zusammenkunft der Verkehrspolitiker der Koalitionsparteien am Mittwoch wissen wir jetzt klarer, wie wir dran sind. Die Bundesregierung soll bis März 2007 ein Privatisierungsgesetz vorlegen. Bis 2009 sollen dann 24,9 Prozent der Bahn ohne Netz privatisiert werden. Demnach würden Schienennetz und Bahnhöfe in Bundeseigentum bleiben, aber alle anderen Betriebsteile schrittweise privatisiert werden. Sollte diese Linie jetzt auch von der SPD-Fraktion abgesegnet werden, dann drohen uns bald britische Verhältnisse in Deutschland. Denn dort ist zwar das Netz wieder in öffentlicher Trägerschaft, doch alle anderen Bahn-Betriebe sind zu 100 Prozent in Privathänden. Nach einem Machtwort der Kanzlerin und der Weichenstellung vom Mittwoch hat sich vorerst offensichtlich die vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), CDU/CSU, FDP und Grünen vertretene Linie durchgesetzt. Sie wollen die halbe Bahn ganz privatisieren und dabei viele kleine und größere Filetstücke an Private verkaufen. Ihnen geht es um Renditeobjekte und Anlagemöglichkeiten für überschüssiges Kapital. So droht über kurz oder lang der Ausverkauf von Tochterunternehmen und Teilbetrieben von der DB Services (ehemalige Bahnreinigung BRG) über die DB Sicherheit und die Ausbesserungswerke bis hin zu der DB-Nahverkehrstochter DB Regio und ihren regionalen Ablegern. Damit einher geht dann ein massiver Arbeitsplatzverlust und Lohn- und Sozialdumping. Die potenziellen Käufer für diese Teilbetriebe stehen als Lobbyisten in Berlin schon längst auf der Matte und werden natürlich nicht die bestehenden Arbeitsplätze zu den derzeitigen tariflichen Bedingungen 1:1 übernehmen wollen. Nicht einlullen lassen! Es ist ein schwacher Trost, dass die Privatisierer den bisherigen konzerninternen Arbeitsmarkt im Rahmen des Beschäftigungssicherungstarifvertrags bis 2010 weiter bestehen lassen wollen. Die drei Jahre sind schnell rum. Was kommt dann? Für alle Konzernteile, die vorher veräußert werden, entfällt der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Und schon heute werden im Alltag viele Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in einigen Teilbetrieben mit der Pistole an der Schläfe dazu genötigt, freiwillig mit einer Abfindung auszuscheiden. Noch ist der Käse nicht gegessen. Falls der beschlossene Fahrplan eingehalten wird, wird das Verkehrsministerium bis Ende März 2007 einen Gesetzentwurf vorlegen, der dann vom Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen werden muss. Noch haben wir also Zeit, um durch massiven Druck auf die Abgeordneten die Privatisierung zu stoppen. Die Linke im Bundestag wird die Privatisierung ablehnen. Das reicht aber nicht aus. Konzentrieren wir unsere Bemühungen also auf die SPD-Fraktion. Denn ohne die SPD-Fraktion kann es kein gemeinsames Privatisierungsgesetz der Großen Koalition geben. Die Privatisierungskritiker in der SPD-Fraktion stärken! In den letzten Wochen hat sich in der SPD-Fraktion eine Gruppe von sechs Abgeordneten klar und mit guten Argumenten gegen eine Bahnprivatisierung geäußert. Zu ihnen gehören neben dem Umweltpolitiker Hermann Scheer auch der ehemalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig und die ehemalige niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn. Hermann Scheer hat auf einer Pressekonferenz und am Mittwoch auch in einem Rundfunkinterview bekräftigt, dass eine Mehrheit der SPD-Abgeordneten und auch etliche CDU/CSU-Parlamentarier einer Privatisierung kritisch gegenüber stünden. Um dieses Widerstandspotenzial zu unterdrücken, haben die Macher der Koalition jetzt zu einer Entscheidung gedrängt. Sie wollen Fakten schaffen und die Kritiker mundtot machen, bevor die Abgeordneten selbstständig zu denken anfangen und entdecken, dass es etwa nirgendwo auf der Welt ein positives Vorbild für Bahnprivatisierung gibt. Oder dass die Bahn nach den aktuellen Schätzungen mit einem Privatisierungserlös von 5 oder 10 Milliarden Euro quasi für nen Appel und ein Ei verscherbelt würde. Die anstehende Weichenstellung würde über Jahrzehnte wirken und irreparablen Schaden anrichten. Umso wichtiger ist es, dass Eisenbahnerinnen und Eisenbahner und alle Privatisierungsgegner jetzt mit aller Kraft den Abgeordneten klar machen, dass die Bahn nicht in private Hände gelangen darf. Der TRANSNET-Hauptvorstand muss sich jetzt endlich klar und deutlich gegen jede Privatisierung positionieren und im Schulterschluss mit den Abweichlern in der SPD-Fraktion und dem Bündnis Bahn für Alle mit Volldampf gegen die Privatisierung mobil machen. Es ist bedauerlich, dass TRANSNET sich bisher noch nicht einmal bemüht hat, mit den SPD-Abweichlern" direkt in Kontakt zu treten und gemeinsame Aktivitäten abzusprechen. Anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen, müssen alle im Eisenbahnsektor tätigen Gewerkschaften ab sofort eine gemeinsame Abwehrfront gegen die Privatisierung aufbauen. Eine klare Beschlussfassung in der Sitzung des DGB-Bundesvorstands Anfang dieser Woche gegen die Privatisierung der DB ist dem Vernehmen nach nur deshalb nicht zustande gekommen, weil kein TRANSNET-Vertreter anwesend war und obwohl die Vorsitzenden von DGB, ver.di und IG Metall einen Beschluss gegen die Privatisierung fassen wollten kleinere Gewerkschaften darauf drängten, dies nicht ohne TRANSNET zu tun! Die meisten Eisenbahner und auch eine Mehrheit der Bevölkerung lehnen eine Bahn-Privatisierung ab. Laut repräsentativer Emnid-Umfrage sagen 71 Prozent Nein und nur 25 Prozent Ja zur Privatisierung. Der TRANSNET-Vorstand hat kein Mandat der Basis für eine Mitwirkung an der Privatisierung. Es gibt auch keinen SPD-Parteitagsbeschluss, der die SPD-Bundestagsfraktion zur Mitwirkung an einer materiellen Privatisierung ermächtigt hätte. Wir haben in den nächsten Wochen also viel zu tun und viel zu verlieren. Es geht um die Zukunft von über 200.000 DB-Beschäftigten, um ihre Familien, um die Zukunft der Kinder, um die Umwelt, um das Recht auf erschwingliche Mobilität auch für Menschen, die sich kein Auto leisten können oder wollen. Es geht um ein Ende des Privatisierungswahns, der nur die Taschen einiger weniger füllt, während wir alle draufzahlen. Packen wirs an. Bahn von unten, 9. November 2006 |
Stellungnahme
vom 9. November 2006 |