"Linker" Flankenschutz für die Privatisierungslobby

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Die Profiteure und Akteure einer Privatisierung und Zerschlagung der Deutschen Bahn drücken auf die Tube und möchten 2007 noch vor der Sommerpause einen entsprechenden Parlamentsbeschluss herbeiführen. Dabei haben sie Flankenschutz durch Gewerkschaften und „linke“ Privatisierungsbefürworter.

Dass es selbst in der CDU/CSU Zweifel an der drohenden Mega-Privatisierung gibt, zeigt CDU intern, ein Infoblatt des CDU-Kreisverbands Waldshut. Das Blatt lässt in seiner Novemberausgabe den ehemaligen BASF-Manager Gerd Peters zu Wort kommen, der für den Fall einer Privatisierung „Schaden für den ländlichen Raum“ prophezeit. „Solange die Bundesregierung die Deutsche Bahn AG ihren Börsentrip gewähren lässt, lautet die Devise mehr Rendite und nicht mehr Verkehr“, warnt Peters: „Ein privater Investor hat immer konträre Interessen zu einem öffentlichen Versorger.“ Demgegenüber empfiehlt ein prominenter Gewerkschafter den Abgeordneten die Zustimmung zum aktuellen Privatisierungskonzept: Manfred Schell, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL und ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter.

Noch entscheidender für eine relativ reibungslose Abwicklung des Privatisierungsprojekts dürfte indes das enge Verhältnis zwischen der SPD-Bundestagsfraktion und der Bahngewerkschaft TRANSNET sein. Beide verstecken sich jeweils hinter dem anderen und benutzen ihn als Alibi. So versuchen Transnet-Redner bei Betriebsversammlungen ihre privatisierungskritische Basis stets mit dem fatalistischen Hinweis zu beruhigen, dass „alles schon längst entschieden“ sei und „alle Parteien“ nun mal privatisieren wollten.

Andererseits erfahren Privatisierungsgegner um das Bündnis „Bahn für alle“ in Gesprächen mit SPD-Abgeordneten immer wieder, dass Transnet-Vertreter ihnen eine Zustimmung zur Privatisierung empfohlen hätten, weil „die Gewerkschaft und die Eisenbahner dafür“ seien. „Dieser Eindruck ist falsch“, heißt es demgegenüber in einem Schreiben der Initiative „Bahn von unten“ an den SPD-Vorstand, der unlängst Parteichef Kurt Beck überreicht wurde: „Es war zu keinem Zeitpunkt Beschlußlage der Gewerkschaft TRANSNET, die materielle Privatisierung zu unterstützen und sozialdemokratischen Abgeordneten eine Zustimmung hierzu nahe zu legen.“ Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sähen ge­nau, dass bei Post und Telekom nach dem Börsen­gang der Druck auf die Beschäftigten massiv zugenommen habe und Service und Infrastruktur für die Masse der Kunden schlechter geworden sei. Das werde auch auf die Bahn zukommen, sobald das erste Aktienpaket in private Hände gelangt sei, erklärt das Schreiben. Ende Mai 2006 hatten die Gewerkschaftsvorsitzenden Norbert Hansen (TRANSNET) und Frank Birske (ver.di) in einer gemeinsamen Erklärung noch festgestellt: „Die DB AG soll als integriertes Unternehmen im Staatseigentum erhalten bleiben und darf nicht zerschlagen werden.“ Im November hat sich auch der DGB-Bundesjugendausschuss einstimmig gegen eine Privatisierung der Bahn positioniert. Die Transnet-Medien haben beides bisher nicht erwähnt.

Ideologische Rückendeckung für die Privatisierungslobby bietet unterdessen der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel: „Die Bahn braucht einen Zugang zum Kapitalmarkt“, erklärte er am 31. Mai auf einer Konferenz vor Bahnbetriebsräten in Berlin und propagierte die Vorzüge eines Verkaufs von bis zu 49 Prozent der Bahn-Aktien. Dabei müßten die Aktien in einem breiten Streubesitz an möglichst viele neue Kleinanleger gehen und der Staat die Aktienmehrheit behalten, so der Professor. Bahnchef Mehdorn indes möchte keine „Volksaktie“ in Umlauf bringen, sondern milliardenschwere Aktienpakete an Großinvestoren aus Übersee veräußern.

Doch Hickel, dessen privatisierungsfreundliche Ausführungen in einer Dokumentation die Runde machen, bekräftigte im November noch einmal die Notwendigkeit einer „Nutzung des Kapitalmarkts“, weil die Bahn „nicht von den Sparorgien im Bundeshaushalt abhängig werden dürfe“. Dass – wie alternative Bremer Wirtschaftswissenschaftler stets argumentierten – sich der Staat durch Steuersenkungen für Unternehmen und Superreiche ein gutes Stück selbst „arm gemacht“ hat und Gewerkschafter solche „Sachzwänge“ niemals als Rechtfertigung für Privatisierungen akzeptieren sollten, spielt für Hickel keine Rolle mehr, obwohl auch der vom DGB herausgegebene gewerkschaftliche Info-Service Einblick vom 13.11.2006 in seiner Schlagzeile feststellt: Unternehmenssteuerreform: Der Staat macht sich arm.
Gegen Hickels Idee, dass die Teilprivatisierung eines Staatsunternehmens überhaupt nicht schaden könne, wandte sich auf der selben Berliner Veranstaltung Didier Le Reste von der französischen Gewerkschaft CGT unter Hinweis auf negative Erfahrungen mit der Privatisierung staatlicher Telekom-, Strom- und Gaskonzerne in Frankreich, die Preiserhöhungen für die Kunden und schlechtere Bedingungen für die Beschäftigten gebracht hätten.

Doch mit solchen Warnungen stößt der CGT-Mann bei der Transnet-Spitze auf taube Ohren. Würde der Transnet-Vorstand nur halb so viel Entschlossenheit bei der Abwehr der Privatisierung an den Tag legen wie die deutsche Zigarettenindustrie in den letzten Wochen bei der Verfolgung ihrer Interessen, dann wäre der Ausverkauf der Bahn schon längst gestoppt.

Hans-Gerd Öfinger

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