Norbert Hansen ignoriert den DGB-Beschluss

Zurück zur Startseite

Ungeachtet der jüngsten Positionierung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn AG (DB) hat der Vorsitzende der Bahngewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, sein „Ja“ zu einer Teilprivatisierung des bislang noch bundeseigenen Transportkonzerns bekräftigt und sich offen von der Linie des Dachverbands distanziert.

Der Beschluss des DGB-Bundesvorstands gegen die Bahnprivatisierung war am Dienstag, 6. März 2007, gegen die Stimme Hansens zustande gekommen. Nach dieser für viele Beobachter überraschenden und klaren inhaltlichen Entscheidung gegen eine Kapitalprivatisierung hatte ein Sprecher der Bahngewerkschaft zunächst zugesichert, Transnet trage diesen Beschluß mit, zumal dieser zum größten Teil auf einer gemeinsamen Erklärung von ver.di und Transnet vom vergangenen Mai basiere. Darin hatten sich die Vorsitzenden Frank Bsirske (ver.di) und Norbert Hansen für den Erhalt einer bundeseigenen und einheitlichen Deutschen Bahn ausgesprochen. Doch die Transnet-Mitgliedschaft wurde in den gewerkschaftseigenen Medien weder über das gemeinsame Papier von Hansen und Bsirske noch über jüngste Beschlussfassung des DGB informiert.

Stattdessen suchte Hansen vergangenen Donnerstag, 8. März 2007, Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck auf und versicherte beide seiner konstruktiven Mitwirkung an der geplanten Teilprivatisierung. Dabei bestand laut Transnet-Presseinfo Einigkeit, „daß die DB AG zusätzliches Kapital benötige, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“ Struck und Tiefensee hätten erklärt, daß die Absicht von SPD-Fraktion und Großer Koalition bestehen bleibe, eine Kapitalbeteiligung an der DB AG von unter 50 Prozent zu realisieren. „An dieser Haltung ändere auch der jüngste Beschluss des DGB-Bundesvorstandes nichts“, heißt es in einer aktuellen Transnet-Presseerklärung.

Mit diesem Alleingang hinter dem Rücken des DGB ist Hansen seiner eigenen, in den letzten Monaten verfolgten Linie, vor allem aber DB-Chef Hartmut Mehdorn treu geblieben, der den Beschluß am Dienstag abend als "enttäuschend und nicht nachvollziehbar" bezeichnet hatte. Der Transnet-Vorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzender der DB AG kritisiert die neue DGB-Position laut Medienberichten als „ideologisch motiviert“ und „fundamentalistisch“. Zwar sei es „wünschenswert“, dass die Bahn beim Bund bleibe, erklärte er auch noch letzte Woche. Doch von diesen Wünschen war in Gesprächen mit Entscheidungsträgern schon lange keine Rede mehr. Zwar gibt es keinen SPD-Parteitagsbeschluss pro Bahnprivatisierung und haben sich auch in der SPD-Bundestagsfraktion, bei der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) und bei den Jusos privatisierungskritische Kräfte zu Wort gemeldet. Doch statt Zusammenarbeit mit diesen potentiellen Verbündeten bevorzugt Hansen den Schulterschluss mit den Akteuren der Privatisierung. Auf seine gemeinsame Vergangenheit mit Hansen im Juso-Bundesvorstand anspielend, hatte Ex-Kanzler Gerhard Schröder auf dem Transnet-Gewerkschaftstag 2004 festgestellt: „Norbert und ich haben früher die Revolution geplant, die wir heute gemeinsam verhindern müssen“. Diese Devise scheint nun auch in der Nach-Schröder-Ära weiter Gültigkeit zu haben.

Zur Beruhigung der Transnet-Basis verweist Hansen darauf, dass Minister Tiefensee im Zusammenhang mit den Privatisierungsplänen eine „Stabilität der Beschäftigungsverhältnisse“ versprochen habe. Demgegenüber warnte Sabine Leidig vom Aktionsbündnis „Bahn für Alle“ vor der Bahnprivatisierung, die „Arbeitsplätze zerstören und aus sicheren Arbeitsplätzen prekäre Beschäftigungsverhältnisse machen würde“ und ein Verkehrssystem gefährde, das einen Beitrag zum Klimaschutz leiste. Während Gewerkschafter bei Post und Telekom aus ihren eigenen Erfahrungen heraus ihre Transnet-Kollegen vor einer Privatisierung der Bahn warnen, gibt Hansen vor, mit seiner Mitwirkung an der Privatisierung „eine Zerschlagung der einzelnen Geschäftsbereiche der Bahn verhindern“ zu können. Dabei ist eine weitere Zerschlagung der Bahn schon in der Zergliederung des Konzerns in weit über 200 Tochtergesellschaften angelegt und hat auch schon das Mehdorn-Management in den letzten Jahren einzelne profitable Töchter an Private verkauft.

Hans-Gerd Öfinger, 11.3.07

Zurück zur Startseite

www.bahnvonunten.de