Privatisierung ohne Gegenwehr? |
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Die
Bundesregierung bereitet eine der größten Privatisierungen von Volksvermögen in der
Geschichte der Bundesrepublik vor. Noch in diesem Jahr soll der Bundestag der
Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG zustimmen. Man sollte meinen, ein Sturm der
Entrüstung bräche los und die Betroffenen, wir alle, vor allem aber die Mitarbeiter der
DB AG und die Kunden der Bahn, die Gewerkschaften und die linken Parteien, entwickelten
entschiedenen Widerstand. Leider
ist aber zu konstatieren, dass das Thema in der Öffentlichkeit kaum, bezogen auf die
Größenordnung der Privatisierung gar nicht vorkommt. Die
Schwäche der politischen Gegenkräfte und die dadurch mögliche radikale Vorgehensweise
der Herrschenden haben dazu geführt, dass es kaum noch als möglich erscheint, den
Börsengang der Bahn zu verhindern. Das strategische Konzept der Privatisierer, der
Öffentlichkeit den Eindruck zu vermitteln, die Privatisierung sei beschlossene Sache und
de facto schon entschieden, ist weitgehend erfolgreich. Dabei spielt das politische Sommerloch
nicht so eine große Rolle wie bei anderen unsozialen, gegen die Bevölkerung gerichteten
Aktionen in den letzten Wochen. Der
Prozess der Privatisierung der DB begann bereits vor 12 Jahren. Seither
wurden tausende Arbeitsplätze vernichtet, zahlreiche Strecken stillgelegt, für
Bahnkunden interessante und preisgünstige Produkte abgeschafft, die Fahrpreise massiv
erhöht, der Service reduziert, viele Bereiche aus dem Konzern ausgegliedert, alles dem
einen Ziel untergeordnet, die Bahn für den Börsengang attraktiv zu machen. Vielleicht
ist es dem komplexen Charakter der Problematik geschuldet, dass die Öffentlichkeit von
diesen Vorgängen kaum Notiz genommen hat. Sicher hat es Proteste gegen die eine oder
andere Entscheidung des Bahnvorstandes gegeben, zumeist von Fahrgastverbänden oder
Umweltaktivisten. Die grundlegende politische Auseinandersetzung ist ausgeblieben. Wir
haben viel Zeit vergeudet und jetzt läuft sie uns davon. Wie
ist der Stand der Dinge? Seitens der Linkspartei wurde das Thema bisher nicht
aufgegriffen. Außer von der verkehrspolitischen Sprecherin ist auch aus der
Bundestagsfraktion der Linken nichts zu hören. Die Bahngewerkschaft TRANSNET ist von der
strikten Ablehnung des Börsengangs zur Schadensbegrenzung übergegangen. Verdi lehnt den
Börsengang ab, unternimmt aber nichts. Man
könnte meinen, alles ist zu spät. Wären da nicht engagierte Gewerkschafter in der
TRANSNET (Bahn von unten), die Aktivisten von attac (Bahn für alle), die gemeinsam mit
BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Naturfreunde, Robin Wood und Umkehr e.V. gegen den
Börsengang mobil machen. Warum also bringen sich die Linken dort nicht massiv ein? Warum
nehmen wir an diesen Kampagnen nicht teil? Schwierige Fragen eines lesenden Eisenbahners
allemal. Wenn wir es mit unserer, und da meinen wir WASG und Linkspartei, strikten
Ablehnung der Privatisierung öffentlichen Eigentums ernst meinen, dann sollten wir uns
jetzt einmischen. Wir haben durch das Scheitern des Spitzengesprächs bei der Kanzlerin in
der vergangenen Woche einen Monat Zeit gewonnen. Wir sollten sie nutzen, um gemeinsam mit
den genannten Aktivisten gegen die Verschleuderung von Volksvermögen, die Gefährdung
zehntausender Arbeitsplätze und einen weiteren Rückzug des Staates aus seinen Pflichten
mobil zu machen. Sicher ist es wichtig 2007 eine Anti-Privatisierungskampagne zu starten.
Aber jetzt, heute, wird entschieden, ob 100 Mrd. Euro an private Investoren verschenkt
werden. Außerdem wird der Staat auch nach dem Verkauf die Bahn weiter bezuschussen.
Glänzende Aussichten für die neuen Besitzer. Vielleicht erklärt ja die Regierung die
Bahnaktie zur Volksaktie. Wie
es ausgeht, haben wir bei der Telekom erfahren. Martina
Sacher und Ralf Vogel |