SPD-Basis gegen Privatisierung der Deutschen Bahn |
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Während
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und andere maßgebliche Akteure noch in
diesem Jahr vom Bundestag und Bundesrat grünes Licht für ihre Pläne zur Privatisierung
der noch bundeseigenen Deutschen Bahn AG (DB) erhoffen, stellt sich die SPD-Basis
zunehmend quer. So
fassten in den letzten Wochen unabhängig voneinander wichtige Untergliederungen der
Partei privatisierungskritische Beschlüsse.
Anfang Juni nahm ein Unterbezirksparteitag der SPD in der rheinland-pfälzischen
Hauptstadt Mainz ohne Gegenstimme und bei wenigen Enthaltungen einen Antrag an, der sich
gegen den Verkauf der DB an private Investoren ausspricht. Statt die Deutsche Bahn
an Investoren, die nur an hohen Renditen interessiert sind, zu verkaufen, soll die
Deutsche Bahn als öffentliches, ökologisches und flächendeckendes Verkehrssystem mit
überschaubarer Tarifstruktur im Verbund mit regionalen Verkehrsträgern erhalten und
weiter verbessert werden, heißt es in dem Beschluss wörtlich. Ähnliches beschloss
Mitte Juni auch ein Unterbezirksparteitag im hessischen Darmstadt auf Antrag der
örtlichen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). In
beiden Fällen hatte bereits die Antragsprüfungskommission den Delegierten die Annahme
empfohlen und wurden die Anträge ohne Debatte durchgewunken. Darmstadt ist
der Wahlkreis von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, deren Ministerium dem Vernehmen
nach nun keine Bedenken mehr gegen Tiefensees Gesetzentwurf hat. Die Politikerin hatte
bisher nach AfA-Angaben nicht auf die Aufforderung reagiert, gegen die Privatisierung zu
stimmen. In Mainz forderte die Konferenz zudem die örtlichen Delegierten zum
SPD-Bundesparteitag auf, dort einen sinngemäßen Antrag einzubringen. Ebenso erwartet die
Mainzer SPD-Basis nun von ihrem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann,
dass er ab sofort in der SPD-Bundestagsfraktion im Sinne dieses Antrags tätig wird. Auch
die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen, die für den Fall eines
Überwechselns von Ministerpräsident Kurt Beck nach Berlin als dessen Nachfolgerin in der
rheinland-pfälzischen Staatskanzlei im Gespräch ist, äußerte auf dem
Unterbezirksparteitag keine Bedenken gegen die Beschlussfassung. Der
Widerwille in der SPD hat inzwischen auch die Ebene der Landesverbände erfasst. So
positionierte sich die saarländische SPD Anfang Juni auf Antrag der Jusos gegen einen
Börsengang der Bahn. Weitere
Beschlüsse dieser Art könnten anderswo folgen. So etwa in
Baden-Württemberg, wo schon mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete gegen die
Bahnprivatisierung aufmucken. Hier möchte der SPD-Landesvorstand Kernbereiche
öffentlicher Daseinsvorsorge wie die Bahn nicht den Renditeerwartungen globaler
Kapitalmärkte aussetzen. Der Berliner SPD-Landesvorsitzende Michael Müller hält
das Privatisierungsvorhaben für inhaltlich nicht begründet. Schon der 2006
vereinbarte Koalitionsvertrag für das Land Berlin bis 2011 hatte sich gegen einen Börsengang der
Bahn und für den Verbleib der DB im öffentlichen Besitz ausgesprochen. Bisher
gibt es keinen Bundesparteitagsbeschluss der SPD, der die Privatisierungspläne stützt.
Mehrere Landesverbände wollen nun nach Medienangaben beim Hamburger SPD-Bundesparteitag
im Oktober das Vorhaben stoppen. All
dies scheint Minister Tiefensee bisher in seiner Privatisierungseuphorie jedoch nicht zu
bremsen. Nach neuesten Informationen möchte er rasch vollendete Tatsachen schaffen und
seinen Gesetzentwurf noch im Juli durch das Bundeskabinett verabschieden lassen. Mit dem Aufweichen der SPD in der Privatisierungsfrage kommt dem Vorsitzenden der Bahngewerkschaft TRANSNET und stellvertretenden DB-Aufsichtsratsvorsitzenden Norbert Hansen ein Argument bzw. willkommener Vorwand für seine konstruktive Mitwirkung an einem Börsengang abhanden. Hansen hatte gegenüber zweifelnden Gewerkschaftsmitgliedern seinen Kurs stets damit begründet, dass die SPD nun mal die Privatisierung wolle und sein Weg daher alternativlos sei. Hans-Gerd Öfinger, 1.7.07 |
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