Wie
weit die Akteure einer Bahnprivatisierung in Berlin von der Stimmung an der Basis entfernt
sind, zeigt ein Beschluss des Unterbezirksparteitags des SPD-Unterbezirks Mainz-Stadt am
2.6.2007 zur drohenden Privatisierung der DB AG (DB).
Wie
Teilnehmer berichten, nahm der Parteitag ohne Gegenstimme und bei wenigen Enthaltungen
einen Antrag an, der sich gegen den Verkauf der DB, insbesondere des Schienenverkehrs und
des Netzes, an private Investoren ausspricht. Statt die Deutsche Bahn an Investoren,
die nur an hohen Renditen interessiert sind, zu verkaufen, soll die Deutsche Bahn als
öffentliches, ökologisches und flächendeckendes Verkehrssystem mit überschaubarer
Tarifstruktur im Verbund mit regionalen Verkehrsträgern erhalten und weiter verbessert
werden, heißt es in dem Beschluss wörtlich.
Auch die anwesende rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen, die als mögliche
künftige Nachfolgerin von Ministerpräsident Kurt Beck im Gespräch ist, äußerte keine
Bedenken gegen die Beschlussfassung. Die Mainzer SPD gilt als Hochburg des
SPD-Vorsitzenden und rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck. Schon die
Antragsprüfungskommission hatte den Antrag zur Annahme empfohlen.Die
Konferenz forderte die Mainzer Delegierten auf dem nächsten SPD-Bundesparteitag auf,
diesen bzw. einen sinngemäßen Antrag einzubringen. Ebenso erwartet die Mainzer SPD-Basis
nun von ihrem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten
Michael Hartmann, dass er ab sofort in der SPD-Bundestagsfraktion im Sinne
dieses Antrags tätig wird. Hartmann wollte sich auf unsere Frage nicht äußern, ob er
jetzt im Sinne seiner Basis in der Bundestagsfraktion gegen die Privatisierung eintreten
werde.
Während Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee seinen Gesetzesentwurf zur
Teilprivatisierung baldmöglichst vom Kabinett verabschieden lassen will, hat sich bisher
kein SPD-Bundesparteitag zu dieser Frage positioniert. Eine Diskussion innerhalb
unserer Partei über die Konsequenzen eines Verkaufs der Deutschen Bahn ist überfällig,
heißt es in der Antragsbegründung. Hingegen hatte Kurt Beck bislang stets die angedachte
Privatisierung verteidigt.
Mit dem Verkauf der Deutschen Bahn an Finanzinvestoren werde sich die Unternehmenspolitik
von der bisherigen Zielrichtung eines flächendeckenden, ökologischen Verkehrssystems auf
das Ziel der Gewinnmaximierung verändern. Auch wenn das Netz nur zu 49% verkauft werde,
so hätten die Investoren dabei ein Recht auf die Maximierung der Gewinne, befürchtet der
Antrag.
Ende nächster Woche wird sich auch im südhessischen Darmstadt ein
SPD-Unterbezirksparteitag mit einem ähnlichen Antrag gegen die Privatisierung der DB
befassen. Antragsteller ist die örtliche SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen
(AfA). Die Darmstädter SPD-Abgeordnete und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte
bisher nach AfA-Angaben auf die Aufforderung, gegen die Privatisierung zu stimmen, nicht
reagiert.