Bericht von der Streikfront Mainz-Wiesbaden |
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4. Juli 2007. Die
Signale standen auf rot. Ein Hauch französische Verhältnisse schwebte am Mittwoch
zwischen 7 und 9 Uhr über den Hauptbahnhöfen der beiden benachbarten Landeshauptstädte
Mainz und Wiesbaden. Dieser Betrieb wird bestreikt, meldete in Mainz die
elektronische Anzeigetafel neben zahlreichen streikbedingten Zugausfällen und
-verspätungen. Hunderte Pendler und Reisende warteten in beiden Bahnhöfen geduldig in
den Hallen und an den Bahnsteigen und zeigten überwiegend Verständnis für den
Arbeitskampf der Bahner. Die Streikleitung
der Tarifgemeinschaft von Transnet und GDBA hatte die beiden Eisenbahnknotenpunkte am
Rhein als einen Schwerpunkt ihrer Aktionen ausgewählt und fand mit dem Aufruf an die
Beschäftigten zum befristeten Warnstreik durchweg Unterstützung und Zuspruch. So legten
Fahrdienstleiter auf den Stellwerken wie auch Beschäftigte der technischen Dienste, der
Reisezentren und im Servicebereich die Arbeit nieder und informierten sich bei
Hauptamtlichen der Gewerkschaft Transnet über den aktuellen Stand der Tarifverhandlungen
mit dem Bahn-Vorstand. Nachdem die
Lokführergewerkschaft GDL für Mittwoch zu keiner weiteren Streikaktion aufgerufen hatte,
war dies wiederum der Tag von Transnet und GDBA. Sie wollten noch einmal Stärke
demonstrieren und aller Welt klar machen, dass nicht nur die Lokführer der
gewerkschaftlichen Konkurrenz, sondern auch Beschäftigte in Stellwerken und anderen
strategischen Bereichen der Bahn alle Räder zum Stehen bringen können. Dies ist ihnen
auch gelungen. Anders als in früheren Tarifkonflikten konnten und wollten Transnet und
GDBA auch nicht von vornherein als Zeichen guten Willens gegenüber dem
gesprächsbereiten Bahnvorstand die Streiks gleich aussetzen, sondern noch einmal Stärke
demonstrieren. Auch nach Abbruch
der Warnstreiks dauerte es noch Stunden, bis der Rückstau vor dem Knoten Mainz/Wiesbaden
beseitigt war und alle auf den Strecken Richtung Mannheim, Frankfurt, Koblenz und
Saarbrücken fest sitzenden Züge die Weiterfahrt antreten konnten. Nach Angaben von
Transnet-Sekretär Josef Janz versammelten sich in Mainz rund 80 Streikende vor dem
Hauptbahnhof zu einer Kundgebung. In der Wiesbadener Bahnhofshalle hing ein von
Transnet-Mitgliedern angebrachtes Transparent mit der Aufschrift Mehdorn rück mehr
Kohle raus, sonst holen wir den Hammer raus! Angesichts eines in der aktuellen
Halbjahresbilanz zu erwartenden Rekordgewinns der DB und jahrelanger Opfer der
Beschäftigten für die finanzielle Sanierung des Konzerns müsse nun eine kräftige
Lohnerhöhung her, forderte Transnet-Sekretär Gottfried Geisel. In Wiesbaden diente
der Streik auch spontan als staatsbürgerkundlicher Anschauungsunterricht. Schülerinnen
der Klasse 9d der katholischen Hildegardisschule in Bingen am Rhein, die im Rahmen eines
Wandertages zufällig vorbei gekommen waren, ließen sich von Streikenden,
Transnet-Sekretären und den begleitenden Lehrern den Mechanismus eines Arbeitskampfes und
die aktuellen Forderungen erklären. Danach zogen sie für ein Erinnerungsfoto aus
Solidarität die coolen Streikwesten der Gewerkschaft über und nahmen sie als
Souvenirs mit. In den
Mittagsstunden traten dann auch Beschäftigte der DB-Güterverkehrssparte Railion im
großen Güterbahnhof Mainz-Bischofsheim unweit der Rüsselsheimer Opel-Werke in den
Ausstand und sorgten für zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen. In der Werkstatt
blieben mehrere Loks stundenlang stehen. Auch Rangierbetrieb und Kundenbedienung ruhten
bis 15 Uhr. Hans-Gerd Öfinger |
www.bahnvonunten.de
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