GDL-Streiks
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Während die
Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in ihrem Konflikt mit dem Bahnvorstand auch
bei betroffenen Fahrgästen und einigen Mitgliedern von DGB-Gewerkschaften auf
Verständnis stößt, kann sie sich derzeit nicht auf ihren eigenen Dachverband, den
Deutschen Beamtenbund (DBB), und die ihm angegliederte DBB-Tarifunion verlassen. GDL-Chef Manfred
Schell bestätigte Anfang letzter Woche, dass seine Organisation in dieser
Auseinandersetzung nur auf die eigene Kraft bauen könne. Auf ein tiefes Zerwürfnis
deutet ein schon seit längerem bestehender Konflikt zwischen der GDL und der
Verkehrsgewerkschaft GDBA hin. Zwar gehören beide dem DBB an, doch die GDBA geht seit
Jahren tarifpolitisch andere Wege und bildet mit der großen DGB-Gewerkschaft Transnet
eine Tarifgemeinschaft. Ursprüngliche weitergehende Pläne für eine organisatorische
Verschmelzung von Transnet und GDBA wurden im letzten Winter indes auf Eis gelegt
nicht zuletzt aufgrund starker Vorbehalte der Mitglieder wie auch der jeweiligen
Dachverbände. Bislang hatte die
GDL als klassische Berufsgewerkschaft im DBB neben der für andere Bahn-Berufsgruppen
zuständigen GDBA existiert. Der neue GDL-Anspruch, über Lokführer hinaus das gesamte
fahrende Personal, also auch Zugbegleiter und Bordpersonal in den Bistros, zu vertreten
und zu organisieren und für sie einen separaten Fahrpersonaltarifvertrag (FPTV) zu
erstreiten, kommt somit einer Kampfansage an die Partnergewerkschaft GDBA
gleich. Diese hatte im Juli gemeinsam mit Transnet einen Tarifabschluss für die meisten
DB-Beschäftigten unterzeichnet, der u.a. eine Einkommenserhöhung von 4,5 Prozent ab 1.
Januar 2008 und eine Einmalzahlung von 600 Euro für 2007 vorsieht. Für die Spitze der
DBB-Tarifunion kommt der GDL-Konflikt höchst ungelegen. Jüngst hat sie im Vorfeld der
Tarifrunde 2008 für den öffentlichen Dienst den Schulterschluss mit der DGB-Gewerkschaft
ver.di vollzogen und dabei auch den Verzicht auf Abwerbung von Mitgliedern vereinbart. In
einem Schreiben an den GDL-Vorsitzenden Manfred Schell vom 8. Mai 2007 kritisierte der
Vorsitzende der DBB-Tarifunion, Frank Stöhr, dass die GDL-Forderung nach einem
Einkommenszuwachs von über 30 Prozent für einzelne Berufsgruppen im Gegensatz zur
Lohnforderung der GDBA stünde und implizit nur über einen Lohnverzicht bei den
übrigen Berufsgruppen bei der Deutschen Bahn erreicht werden könne. Originärer
Organisationsbereich der GDL sind die Lokführer, nicht jedoch das übrige Fahrpersonal,
mahnt Stöhr und stellt für seinen Dachverband klar: Die Aufstellung einer
konkurrierenden Tarifforderung für einen Beschäftigtenbereich (Zugbegleitung/Gastro),
die maßgeblich von einer anderen Mitgliedsgewerkschaft vertreten wird, ist daher nicht
akzeptabel. Aus diesem Grunde halte die DBB-Tarifunion die mit dem FPTV angestrebten
Ziele für tarif- und gewerkschaftspolitisch falsch. Da die GDL ihre
FPTV-Zielsetzung jedoch vor einem Anwendungsbeschluss der DBB-Tarifunion aufgestellt habe,
erteile diese der GDL im aktuellen Konflikt Streikgeldfreigabe ausschließlich für
die Berufsgruppe der Lokführer. Dieser Beschluss sei nur unter
Zurückstellung großer tarif- und gewerkschaftspolitischer Bedenken erfolgt,
erklärt Stöhr. Die Frage der
DBB-Streikgelder könnte für die GDL jetzt akut werden, wenn sich der Konflikt mit dem
Mehdorn-Management weiter hinzieht und die angedachte Taktik überraschender Nadelstiche
in Form von mehrstündigen Arbeitsniederlegungen in strategischen Bereichen nicht
ausreicht, um dem Konzernvorstand Zugeständnisse zu entreißen. Vor einem 24-stündigen
Vollstreik, der das gesamte Schienennetz lähmen und französische Verhältnisse
bringen könnte, scheint die GDL-Spitze zurückzuschrecken. Auch will sie einen Streik auf
keinen Fall als Plattform für Privatisierungskritik nutzen, obwohl sie damit nach
Insiderangaben bei Eisenbahnern und in der Bevölkerung ein starkes Echo finden könnte. Hans-Gerd Öfinger |