An alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner

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Um unsere Bahn steht es sehr ernst. In der tiefen Sorge um ihre weitere Zukunft haben wir uns zu dem nachfolgenden Appell entschlossen.

Wir stellen fest, dass die Zerschlagung und Zersplitterung unseres Unternehmens Deutsche Bahn eine Vielzahl negativer Auswirkungen mit sich gebracht hat. Einzelinteressen dominieren, wo das Gesamtinteresse gefragt wäre. Aktionismus herrscht da, wo langfristige Perspektiven benötigt werden. Wir bezweifeln, ob die sogenannten Väter der Bahnreform die Komplexität und die Vielfalt innerer Verzahnungen des Systems Eisenbahn sowohl technisch als auch vom Betriebsablauf her jemals richtig verstanden haben.

Wir erkennen keine geschlossene und langfristige Strategie mehr im Personenverkehr. Der Güterverkehr verkommt mangels brauchbarer Konzepte immer mehr zur Bedeutungslosigkeit. Wir Eisenbahner sollen täglich im Kundeninteresse handeln, aber die Bahnvorstände ziehen die Bahn immer weiter von unseren Kunden und aus der Fläche zurück.

In großen Teilen unseres Eisenbahnnetzes zeichnet sich eine dramatische Entwicklung durch den Verfall der Infrastruktur ab. Mit der Regionalisierung begonnene positive Entwicklungen im Nahverkehr werden dadurch wieder zunichte gemacht.

Wir vermissen immer mehr den dringend notwendigen Sach- und Fachverstand vor allem auf der zentralen Unternehmensebene. Und wir erkennen zunehmend, dass für die ernste Lage der Bahn in erster Linie Mißmanagement, gravierende Fehlentscheidungen und Fehlplanungen der vergangenen Jahren verantwortlich gemacht werden müssen - und nicht die Mitarbeiter.

In der Verkehrspolitik herrscht Stillstand da, wo dringend Handlungsbedarf besteht. Unsere Erwartungen hinsichtlich einer Wende in der Verkehrspolitik nach der Bundestagswahl 1998 wurden auf das bitterste enttäuscht.

Unser Vertrauen in die bisher praktizierte Unternehmens- und Bahnpolitik ist restlos zerstört. Sie kann und darf so nicht mehr fortgesetzt werden!

Daher sagen wir heute: Wir werden nicht mehr länger eine Unternehmenspolitik mittragen, die einer menschenverachtenden Kapital- und Börsenlogik gerecht wird und die Beschäftigten lediglich als lästige Zahlengröße ansieht.

Wir sind nicht mehr bereit, den verhängnisvollen Irrweg eines permanenten Abbaus und Rückzugs von personellen und materiellen Ressourcen unseres Unternehmens weiter mitzugehen, da dieser Weg nicht nur unsere Bahn, sondern letztlich die Eisenbahn überhaupt als flächendeckendes, sicheres und zuverlässiges Verkehrssystem in unserem Land in Frage stellen wird.

Wir sind nicht mehr gewillt zuzusehen, wie immer mehr unserer Kolleginnen und Kollegen angesichts der herrschenden Unternehmens- und Bahnpolitik in Demotivation und Resignation verfallen, und psychisch und auch physisch zerstört werden.

Wir werden nicht mehr länger zu einer ökologisch und ökonomisch verfehlten Verkehrspolitik schweigen, die noch immer den Straßen- und Luftverkehr begünstigt, für die Bahn jedoch meist nur hohle Phrasen und leere Versprechungen übrig hat. Eine Schrumpfbahn, die nur noch ein Nischendasein in diesem Lande fristet, ist gesamtwirtschaftlich, sozial und ökologisch nicht verantwortbar.

Wir haben lange genug zugesehen - jetzt müssen wir handeln!

Wir tun dies nicht nur für uns, sondern auch aus einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung heraus. Das sind wir uns, unseren Familien und der Allgemeinheit schuldig.

Wir fordern:

· Stopp der Zerstückelung der DB AG! Stopp der Jagd nach Kapitalmarkt- und Börsenfähigkeit und Rendite auf Kosten der Beschäftigten und der Kunden!

Wir wollen einen Neuanfang:

· für eine Bahnreform statt Bahndeform;

· für eine Bahn, die ihren volkswirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Aufgaben gerecht wird;

· für eine Bahn nicht nur für wenige Zahlungskräftige, sondern für alle Bürger in unserem Land;

· für eine Bahn, die uns endlich eine sichere Perspektive gibt, und bei der wir mit Freude und Stolz Eisenbahner(innen) sein können.

Für diese Bahn wollen wir kämpfen. Wann, wenn nicht jetzt?!? Wer, wenn nicht wir?!?

Initiative Höchste Eisenbahn - Bahn von unten.
4. November 2000

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An die Delegierten des Gewerkschaftstages

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Dieser Gewerkschaftstag ist mit den bisherigen nicht vergleichbar. Wir befinden uns heute in einer besonderen Entscheidungssituation. Dieses Mal lastet auf Euch allen eine besonders grosse Verantwortung.

Nicht nur mitdenken ist gefragt. Vorschläge einbringen, durchaus auch mal gewagt laut denken und sich einmischen ist das Gebot der Stunde. Fragt die Kandidat(inn)en, welche Vorstellungen sie haben, um der Erosion der ganzen Bahn, der Arbeitsplätze und des Flächentarifs entgegenzutreten und die Basis aktiv mit einzubeziehen.

Es ist genug! Steht auf! Wir lassen uns unsere Eisenbahnerwürde nicht nehmen.Wenn Werke schliessen sollen - müssen wir uns alle solidarisieren. Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will. Unterstützt die Initiative „Höchste Eisenbahn - Bahn von unten" tatkräftig.