Diskussionsergebnis des Kasseler Arbeitstreffens am 6.9.03:
Kein Abrücken von Beschlüssen des Gewerkschaftstages!
Nein zum Ausverkauf - für den Erhalt einer bundeseigenen Deutschen Bahn

 

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Die Hinweise verdichten sich: Bahn-Management und Bundesregierung streben mit aller Gewalt den Ausverkauf der Deutschen Bahn AG und den Gang an die Börse an. Bei allen sich widersprechenden Meldungen scheint es nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie „ und das „Wann“ zu gehen.

Der Gedanke an die Vollendung britischer Verhältnisse durch eine komplette Zerschlagung und Privatisierung der Deutschen Bahn AG löst bei vielen Beschäftigten Unruhe und Existenzängste aus. Nachdem schon die 1994 eingeleitete Privatisierung zahlreiche Opfer gefordert hat und viele Kolleg(inn)en auf der Strecke geblieben sind, drohen jetzt im Vorgriff auf den Börsengang Horrormeldungen über einen weiteren Abbau im DB-Konzern um bis zu 70.000 Beschäftigte Gestalt anzunehmen. Der Übergang von DB Cargo in Railion und ähnliche Pläne für den Personenverkehr lassen – konsequent zu Ende gedacht - befürchten: am Ende wird es keine Deutsche Bahn mehr geben, sondern privatisierte Verkehrsunternehmen und Mischkonzerne, die nebenbei auch noch etwas Schienenverkehr betreiben.

Wir fragen: wozu sollen wir die verheerenden Erfahrungen, die unsere Kolleginnen und Kollegen in Großbritannien und Neuseeland mit der Privatiserung gemacht haben, auch in Deutschland wiederholen?

Anfang September hat sich der Transnet-Hauptvorstand mit dem Thema „Börsenbahn“ beschäftigt. Hier vernehmen wir kein grundsätzliches „Nein“ zu den Börsenplänen, sondern nur eine Warnung vor überstürzten Börsenplänen:

„Die Politik und das Unternehmen DB AG wären daher gut beraten ihre „Hausaufgaben“ zu erledigen und nicht voreilig von Börsenerlösen zu träumen. Grundvoraussetzung für einen Börsengang ist aus Sicht der TRANSNET die uneingeschränkte Umsetzung der Ziele der Bahnreform. Dazu ist eine schonungslose Bilanz vorzunehmen. Potenzielle Investoren und interessierte Kapitalgeber wird das Unternehmen DB AG nur dann finden, wenn die Hausaufgaben gemacht sind und die Politik die notwendigen zukunftsweisenden verkehrspolitischen Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Börsengang geschaffen hat. Ein Börsengang um jeden Preis wäre anderenfalls reine Verschwendung von Volksvermögen und wird auf Widerstand der TRANSNET stoßen. Der Hauptvorstand der Transnet beauftragt daher den erweiterten Vorstand entsprechende Grundsatzpositionen zur Vollendung der Bahnreform und zum möglichen Börsengang zu formulieren.“ (O-Ton HV-Positionspapier vom September 2003).

 Heißt dies im Klartext, dass der Transnet-HV den Börsengang nicht grundsätzlich ablehnt und konstruktiv daran mitwirken will, dass die „Hausaufgaben“ gemacht werden und die Bahn für potenzielle künftige Kapitalgeber auch genug Profit abwirft?

Die Beschlußlage unserer Gewerkschaft ist allerdings eine andere. Der Transnet-Gewerkschaftstag im November 2000 in Magdeburg hat in einer einstimmig beschlossenen Resolution eine Zerschlagung des Bahnkonzerns abgelehnt und sich für die Erhaltung einer „einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn im Interesse der Beschäftigten, der Umwelt und der Kunden" ausgesprochen.  Kein Ausverkauf - weder an ausländische noch an inländische Kapitalgruppen!“ – heißt es in dieser Resolution klar und deutlich. (Hervorhebungen durch uns).

Wir fordern den Hauptvorstand und den Erweiterten Vorstand auf, im Sinne des Beschlusses des Magdeburger Gewerkschaftstages jegliche weitere (direkte oder indirekte, aktive oder passive) Mitwirkung an der Zerschlagung des DB-Konzerns, am Ausverkauf und am Börsengang einzustellen und sich unzweideutig gegen die Privatisierung zu positionieren. Bundesregierung und Bahn-Management müssen wissen: Privatisierung und Ausverkauf finden unseren entschlossenen Widerstand.


Nachfolgend zu Erinnerung noch einmal im Wortlaut die Magdeburger Resolution:

Initiativantrag Nr. 8 an den Gewerkschaftstag November 2000 in Mageburg
Arbeitsplätze und Flächentarifvertrag verteidigen!

Der Gewerkschaftstag betrachtet mit grosser Sorge den Verlauf der jüngsten Tarifverhandlungen und die neuerlich aufgeflammte Diskussion über einen möglichen Ausverkauf von Konzernteilen an in- oder ausländische Kapitalgruppen.

Der EckpunkteTV nimmt immer mehr Konturen an. Der Flächentarifvertrag, eine der wichtigsten Errungenschaften der Gewerkschaftsarbeit (garantierte flächendeckend gleiche tarifliche Bedingungen für alle Beschäftigten) zerbröselt vor sich hin, bis er völlig verschwindet.

Nicht nur bereits bestehende Unterschiede (Ost/West; Beamte/Angestellte; Tarifkräfte vor und nach 1994; DB Arbeit-MA; MA DB AG/Töchter;...), sondern vom Management geplante regionale Differenzierungen, "Mittelstandsoffensive" etc. atomisieren die Belegschaft zunehmend.

Ein guter Ansatz waren die Aktionen in diesem Jahr, die viele tausend Kolleg(INN)en auf die Beine brachten, aber wir brauchen dringend eine Bündelung der Kräfte.

Die Konzentration des Widerstandspotenzials hat bisher nicht stattgefunden. Die Kampfbereitschaft wird immer wieder nur punktuell mobilisiert und lässt sich so nicht auf Dauer konservieren.

Viele Kollegen schauen nach Frankreich und fragen sich: warum können wir nicht so konsequent Widerstand leisten wie die französischen Kollegen?

Wir demonstrieren, aber die Zerschlagung, der Arbeitsplatz-Abbau gehen munter weiter.

Betriebsräte und Vertrauenspersonen leisten tagtäglich einen isolierten, einsamen, zermürmenden und fast aussichtslosen Widerstand. Sind wir alle Masochisten? NEIN, es ist genug!

Wo bleibt die Wende? Wann kommt mehr Verkehr auf die Schiene und steigt der prozentuale Anteil des Schienenverkehrs am Gesamtverkehr?

Die Antwort kann nicht MORA, REGENT oder Verkauf von dvm, Mitropa, AHS, ... sein.

Wir lassen uns nicht verscherbeln und in Belegschaften 1., 2., 3. ... Klasse spalten.

Der schleichende Tod des Flächentarifvertrages bedeutet für viele jüngere Kolleginnen und Kollegen eine wachsende Gefahr der späteren Altersarmut.

Es reicht uns: Der Zukunftsfonds "beruhigt" durch Besitzstandswahrung die Belegschaft vor 1994 - was ist mit den Jüngeren? Hinterlassen wir für die nächste Generation verbrannte Erde?

Daher fordern wir:

  • Um alle Arbeitsplätze kämpfen und den Flächentarifvertrag verteidigen. Keine Zerschlagung des Bahnkonzerns.
  • Für die Erhaltung einer einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn im Interesse der Beschäftigten, der Umwelt und der Kunden. Kein Börsengang! Kein Ausverkauf - weder an ausländische noch an inländische Kapitalgruppen!

Bündelung des Protestes durch bundesweite Aktionen:

  • an einem bestimmten Tag Betriebsversammlungen in jedem Wahlbetrieb bundesweit zu dem selben Thema

  • AN-Bank im AR Protest gegen den Verkauf von Betriebsteilen - AR-Sitzung mit Aktionen begleiten. Öffentlich Druck erzeugen.

  • Bereitschaft auch zu unbefristeten Streiks

  • Zur Vorbereitung und Einleitung eines "heissen Winters" Bildung von Arbeitsgruppen der VPs, BRs, und Einbeziehung auch von interessierten Kolleginnen und Kollegen.

  • AZ-Offensive: nur Regel-AZ und keine Minute länger. Ablehnung von Überstunden!

  • Koordinierung von Widerstandsaktionen gemeinsam mit anderen ebenfalls von Privatisierung und Deregulierung betroffenen Gewerkschaften, wo immer es darum geht, feste Arbeitsverhältnisse zu tariflich abgesicherten Bedingungen zu verteidigen

  • Vor Ort Druck auf politische Parteien und Mandatsträger machen und auf eine radikale Wende in der Bahn- und Verkehrspolitik drängen.

    (Einstimmig vom Gewerkschaftstag als Resolution beschlossen.)

 

www.bahnvonunten.de

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