Berliner Verkehrsbetriebe:
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Die Kolleginnen und
Kollegen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) im Spannungsfeld zwischen drastischen
Lohnkürzungen und massivem Stellenabbau Kompromisslos
und selbstsicher gab der BVG-Vorstandsvorsitzende Andreas Graf von
Arnim bekannt: Mit
den bisherigen Sparkonzepten können die Arbeitsplätze nicht annähernd gesichert
werden. Fraglich sei auch, ob
das formulierte Ziel der erforderlichen Wettbewerbsfähigkeit erreicht wird,
so der Vorstand des öffentlichen Unternehmens. Um dann ganz unverhohlen die Katze aus dem
Sack zu lassen. Ziel seien eben noch mehr Flexibilität, noch geringere Sachkosten
und deutlich weniger Personalaufwand! Auf
der Personalversammlung am 17. September diese Jahres erklärt er 4.500 anwesenden
Kolleginnen und Kollegen ein dramatisches Kürzungsprogramm. Ein Drittel der 12.500
Stellen soll in den nächsten zwei Jahren gestrichen werden. Die ihren Job behalten
dürfen, sollen auf 30 Prozent ihres Lohnes verzichten. Das entspricht mehr als der
monatlichen Nettomiete der aller meisten Kolleginnen und Kollegen! Aber
nicht nur am Personal soll gespart werden. Auch unprofitable Bus- und Straßenbahnlinien
sollen in den nächsten Jahren ihren Betrieb einstellen. Trotz
aller schon erfolgten Rationalisierungsmaßnahmen sei das landeseigene Unternehmen zu
teuer. Ganz
offensichtlich was unter Sanierung der BVG nach markwirtschaftlichen Prämissen zu
verstehen ist: Gesundschrumpfen bis nur noch ein profitabler Kern
übrig bleibt. Und in diesem sollen die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen für einen
Hungerlohn unter schlechtesten Arbeitsbedingungen tätig sein. Die
bisherige Kompromissbereitschaft der Berliner ver.di Spitze und des BVG-Personalrats unter dem Vorsitz von Uwe
Nietzgen hat nichts gebracht. Unter der Verhandlungsführung des Kommunalen
Arbeitgeberverbandes hat es im Vorfeld des jetzt geplanten Kürzungspaket mit der BVG
Gespräche gegeben. Dabei stimmten die Arbeitnehmervertreter Einsparungen von jährlich 17
Millionen Euro zu, die durch veränderte Schichtzeiten, gekürzte Zulagen und kleiner
Zugeständnisse zustande gekommen wären. Es war ein großer Irrglaube, dass durch
Opferbereitschaft der Belegschaft die Arbeitgeber von weiteren Kürzungen abzubringen
sind. Im Gegenteil, wie die Geschichte beweist. Obwohl
die BVG zu den kampferfahrensten Bereich des öffentlichen Dienstes gehört, hört man von
der Berliner ver.di Spitze und dem BVG-Personalrat von Streikvorbereitungen nichts.
Es ist fraglich, ob die führenden Arbeitnehmervertreter wieder einmal einen Deal im
Hinterzimmer mit den Arbeitgebern aushandeln können. Auch ohne Arbeitskampf wurde
das Schlimmste abgewendet, hieß es in der Vergangenheit allzu oft. Der BVG-Vorstand
gibt sich nun kompromisslos und nimmt in einer erpresserischen Argumentation die
Belegschaft von zwei Seiten in die Zange: Er behauptet, dass ein Überleben der BVG nur
gesichert werden kann, wenn das Sanierungskonzept unter den perfiden Namen Projekt
Antrieb ohne Abstriche durchgesetzt wird. Andernfalls wird die BVG mittelfristig
Insolvenz anmelden müssen. Zudem macht der BVG-Vorstand deutlich, dass die ab 2008
geltenden europäischen Richtlinien die BVG zwingen, ihre Monopolstellung zu räumen und
mit Billiganbietern zu konkurrieren. Um dann im Wettbewerb zu bestehen, müssen die
Personalkosten gewaltig runter. Dem hatte Frank Bäsler, Bezirkssekretär des Fachbereichs
Verkehr von ver.di Berlin nichts entgegenzusetzen. In einem Interview mit der Tageszeitung
junge welt behauptete Bäsler, dass die
Kolleginnen und Kollegen auch weiterhin bereit seien, erkämpfte Standards der
neoliberalen Schlachtbank zuzuführen. Kein Mensch nimmt gerne
Einschnitte hin. Aber wenn man damit die Wettbewerbsfähigkeit steigert und dadurch
Arbeits- und Ausbildungsplätze erhält, sind die Kollegen dazu bereit. Hier zeigt
sich einmal mehr, dass neoliberales Gedankengut in der Gewerkschaftsführung nicht nur
akzeptiert, sondern zur Leitlinie des eigenen Handels gemacht wird . Angesichts der
mageren Tarifabschlüsse in den letzten Jahren, sowie steigenden Preisen und erhöhten
Sozialabgaben, hat die Belegschaft kaum noch Spielraum auf Lohn zu verzichten. Die
Produktivität hat sich auch bei der BVG in den letzten 10 Jahren verdoppelt! Die Hälfte
der früheren Belegschaft reicht um den eher steigenden als gleichbleibenden Standard an
Produktion und Dienstleistung sicher zu stellen. Warum sollen sich die Kolleginnen und
Kollegen vor diesem Hintergrund weiter in Lohnverzicht und jetzt sogar massiver
Lohnsenkung üben? Warum sollen sie einen weiteren Personalabbau zu lassen? Ein
funktionierender öffentlicher Personalverkehr, gute Kitas und Schulen sowie andere
wichtige öffentliche Dienstleistungen werden von Regierungen und Arbeitgebern als kaum
noch zu bezahlende Luxusgüter deklariert. Preise rauf und Kosten runter!,
lässt sich ihr Programm zusammen fassen. Die angeblich überbezahlten Angestellten des
öffentlichen Dienstes werden zu den Sündenböcken der jetzigen Haushaltkrise gestempelt.
Uns wird eingeredet, dass die öffentlichen Dienstleistungen ihren Preis haben und
angesichts leerer Haushaltskassen die Zeiten staatlicher Wohltätigkeiten vorbei sind.
Senatoren in best dotierten Stellungen und Vorstandmitglieder mit riesigen Einkommen,
Zuwendungen und Abfindungszahlungen glauben, dass es der Bevölkerung noch viel zu gut
gehe. Mit ihrer Offensive an unsozialer, arbeitnehmerfeindlichen Politik schaffen sie
immer mehr Arbeitslose und bisher nicht da gewesenes soziales Elend. Und das in der
Hauptstadt eines der reichsten Länder der Welt. Dieser Politik
müssen die Beschäftigten und die Berliner Bevölkerung mit breiten Widerstand begegnen
und sich gegen die Verursacher der gegenwärtigen Krise richten: Großkonzerne und Banken,
die hier keine Steuern bezahlen, aber Milliarden an Subventionen aus den Steuern von
Arbeitnehmern bekommen. Und Unternehmensvorstände die sich nicht nur auf Kosten der
Beschäftigten bereichern, sondern deren Armut einfordern. Gerade der
BVG-Vorstandsvorsitzende ist symbolträchtiges Ettekitte für die jetzige Politik: Er
verdient jährlich 250 000 Euro im Jahr! Dazu kommen Erfolgsprämien, Aufträge anderer
Einrichtungen und sicher eine Menge an privaten Gewinnen diverser Geschäfte. Höhepunkt:
Zusatzzahlungen durch die BVG, wenn er das Personal entsprechend der vom Vorstand und
Senat geforderten Zielvorgaben abbaut! Er verdient ganz unmittelbar an massiven Lohn- und
Personalabbau. Jetzt
sind wir gefordert. Es muss sich nun endlich auch bei ver.di und dem Personalrat die
Einsicht durchsetzen, dass der sozialpartnerschaftliche Konsens einseitig von
den Arbeitgebern aufgekündigt wurde. Der den Kolleginnen
und Kollegen von Oben aufgezwungene Klassenkampf muss zu einem gemeinsamen Widerstand
führen. Nun können aber die Kolleginnen und Kollegen der BVG nicht darauf warten bis
sich in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes Gegenwehr rührt. Um die jetzigen
Kürzungspläne des BVG-Vorstandes zu durchkreuzen, muss die BVG ihre gesamte Kampfkraft
in die Waagschale werfen. Ein Arbeitskampf ist unausweichlich und kann sich als
Initialzünder für andere Betriebe und Bereiche erweisen. Hierfür brauchen die
Kolleginnen und Kollegen gute Argumente, die sich auch leicht finden lassen: Der
Öffentliche Nahverkehr war und ist die umweltfreundliche Alternative zum Auto.
Gesellschaftliche Kosten, die aus Unfällen, Staus, Umweltverschmutzung und
gesundheitlichen Folgeschäden entstehen, dürften sich im Milliardenbereich bewegen. Um
diese gesamtgesellschaftlichen Kosten zu minimieren und eine angemessene Lebensqualität
in der Stadt zu gewährleisten, ist die BVG, aber auch die S-Bahn auf angemessene
finanzielle Zuwendungen angewiesen. Zuwendungen, die nicht finanzieller Ballast sind,
sondern als sich als wertvolle Investition erweisen. Das Einzige, wo gespart werden kann,
ist bei den Gehältern der Manager der öffentlichen Unternehmen, der Senatoren, bei den
Diäten von Parlamentsmitgliedern und vor allem aber bei den Steuervergünstigungen für
die Reichen dieser Stadt! Eine Stillegung
von Bus-, Straßenbahnen und S-Bahnlinien darf es nicht geben, es ist die gesündere,
sozialere und kostengünstige Alternative zum Auto, auf die Millionen Berlinerinnen und
Berliner angewiesen sind. Durch
die vergangen Fahrpreiserhöhungen haben sich die Fahrgastzahlen weiter minimiert und ein
langfristiges Funktionieren von BVG und der S-Bahn AG wurde damit in Frage gestellt. Den
öffentlichen Nahverkehr soll sich jede und jeder in dieser Stadt leisten können. Daher
runter mit den Fahrpreisen! Die
Kolleginnen und Kollegen der BVG und der S-Bahn haben eine verantwortliche Tätigkeit.
Rund um die Uhr sollen sie die Menschen dieser Stadt sicher transportieren. Hierfür soll
es nicht einen Hungerlohn, sondern eine angemessene Bezahlung geben. Daher sind
Lohnkürzungen jeder Art abzulehnen. Auch ein weiterer Personalabbau kann nicht akzeptiert
werden! Die auf Grund des Stellenabbaus gestiegene Arbeitsverdichtung hat bereits
unzumutbare Arbeitsbedingungen geschaffen. Ab
2008 gelten die Europäischen Richtlinien zur Liberalisierung des EU-Binnenmarktes. Im
Interesse aller europäischen Arbeitnehmer müssen sie rundum bekämpft werden. Dieser
Wettbewerb um die schlechtesten Arbeitsbedingungen und geringsten Löhne ist abzulehnen.
Dem Unterbietungswettbewerb, der den Kolleginnen und Kollegen von den europäischen
Regierungen aufgezwungen wurde, ist eine gemeinsame Politik der europäischen
Arbeitnehmervertretungen entgegenzustellen. Angemessene Mindeststandards müssen in allen
Bereichen des öffentlichen Dienstes durchgesetzt werden. Standards, die sich nicht an den
niedrigsten, sondern am höchsten Niveau orientieren. Die größte Einzelgewerkschaft der
Welt, die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, kann und muss hier eine
Vorreiterrolle spielen. Dem Europa der Banken und Konzerne muss endlich auch ein Europa
der Arbeiter und Angestellten entgegengesetzt werden! Gruppe sozialistischer Gewerkschafter |