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1. Schreiben von Norbert Hansen an Bahn von unten Sehr geehrter Herr Oefinger, die Hompage Bahn von
unten, für die Sie verantwortlich zeichnen, enthält eine Information, dass die
Gruppe Bahn von unten mit der französischen Gewerkschaft SUD RAIL
zusammenarbeitet. Sicherlich ist Ihnen
bekannt, dass die SUD RAIL in Frankeich kaum Bedeutung hat und in Konkurrenz zur CGT
steht. Es handelt sich eindeutig um eine Spaltergruppe. Dass Sie in Deutschland die
demokratisch entstandenen Positionen und Strategien der TRANSNET diffamieren und
versuchen, zwischen Gewerkschaftsführung und Basis einen Keil zu treiben, ist für uns
nichts Neues. Dass Sie nun jedoch auch
unseren Brudergewerkschaften in Europa in den Rücken fallen, übertrifft alle bisherigen
politischen Intrigen. Eindringlich fordere ich Sie
auf, Ihre Verbindungen zur SUD RAIL abzubrechen und nicht länger die demokratische
Willensbildung in der TRANSNET zu diffamieren. Mit freundlichen Grüßen 2. Antwortschreiben an den
Kollegen Norbert Hansen, Lieber Norbert, vielen Dank für Dein
Schreiben vom 19. März 2007. Obwohl es vordergründig nur um die Frage der Kontakte zur
französischen Gewerkschaft SUDRail geht, wirft dieser Brief viele grundsätzliche Fragen
auf, die ich gerne in der gebotenen Sachlichkeit aufgreife und die sicherlich auch viele
Kolleginnen und Kollegen
interessieren werden. Zunächst
einmal ist es richtig, dass wir uns um einen Austausch mit Eisenbahnerinnen und
Eisenbahnern in aller Welt bemühen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass wir ohne eine
internationale Vernetzung und einen Erfahrungsaustausch keinen erfolgreichen Abwehrkampf
gegen die drohende Privatisierung der Bahnen führen können. In
diesem Zusammenhang sind wir vor einiger Zeit von der französischen SUDRail kontaktiert
worden. Eine Einladung zum Gespräch und Austausch haben wir gerne angenommen. Wir waren
anfangs zögerlich, haben aber dazu gelernt, dass man die Verhältnisse in Frankreich
nicht immer nur durch eine deutsche Brille betrachten kann. So konnten wir wertvolle
Informationen über die Lage in Frankreich und anderswo erhalten, die wir leider aus den
TRANSNET-Medien bisher nicht erfahren konnten siehe den Bericht über die fatalen
Folgen der Bahnprivatisierung in Argentinien auf www.bahnvonunten.de/argentinien.htm.
Aus
den Gesprächen entstand auch unser gemeinsamer Appell Deutsche und französische
EisenbahnerInnen halten zusammen! - Für die Vereinigten Eisenbahnen von Europa in
öffentlichem Besitz und unter der Kontrolle der Beschäftigten und NutzerInnen!.
Diesem Appell liegt die Sorge zugrunde, dass ein Wirtschaftskrieg zwischen der DB und der
französischen SNCF uns allen nur schadet und dass wir dies nicht zulassen dürfen. Da Du,
lieber Norbert, nur an der Form unseres Kontaktes zur SUDRail, nicht aber am Inhalt dieser
Erklärung Anstoß genommen hast, würden wir uns sehr freuen, wenn Du diese Erklärung
ebenfalls inhaltlich unterstützen würdest (nachzulesen im Internet unter www.bahnvonunten.de/tousensemble.htm). Französisch
lernen Die
SUDRail ist übrigens keine bedeutungslose Spaltergruppe. In den letzten Jahren errang sie
bei SNCF-Personalratswahlen mit 14,7% (2004) bzw. 14,5% (2006) unter acht verschiedenen
konkurrierenden Gewerkschaften den zweiten bzw. dritten Platz. Die SUDRail ist damit real
stärker als etwa die deutsche GDBA und deutlich stärker als die traditionsreiche CFDT,
aus der sie hervorgegangen ist. Anders
als hierzulande gibt es in Frankreich Richtungsgewerkschaften und eine Art
Gewerkschaftspluralismus. Die bei der SNCF vertretenen, miteinander konkurrierenden
Gewerkschaften sind bis auf die SUDRail auch Mitglied in der Europäischen
Transportarbeiterföderation (ETF), der als deutsche Mitgliedsorganisationen TRANSNET,
ver.di und GDBA angehören. Die SUDRail möchte unseres Wissens auch in die ETF
aufgenommen werden. Die
CGT ist erst seit wenigen Jahren Partner und Brudergewerkschaft der TRANSNET. Noch bis in
die 90er Jahre wurde in der GdED (heute TRANSNET) peinlichst darauf geachtet, dass jeder
Kontakt zur (als kommunistisch verschrienen) CGT unterbleiben solle, die bis dahin noch
dem (kommunistischen) Weltgewerkschaftsbund angehörte. Bei IBFG-Weltjugendtreffen wie
1981 in Sevilla wurde der GdED-Delegation noch jeglicher Kontakt mit kommunistischen
Gewerkschaften wie der CGT oder der spanischen CCOO strikt verboten. Als sich 1995
GdED-Mitglieder mit dem Streik der französischen Eisenbahner solidarisieren wollten,
wurde dies von Hauptamtlichen der Gewerkschaft mit dem gleichen Hinweis untersagt. Lange
Jahre war die französische (eher sozialdemokratische) CFDT eine Art Brudergewerkschaft
der GdED. Weil die Führung der CFDT unter Führung von Nicole Notat den Eisenbahnerstreik
1995 sabotierte und um Verständnis für die Politik der konservativen Regierung warb,
wandte sich ein großer Teil der Basis von der CFDT ab. Daraus entstand auch die SUDRail.
Inzwischen ist eher die CFDT auf dem Niveau einer Spaltergruppe angelangt und hat bei den
Personalratswahlen deutlich schlechter abgeschnitten als die SUDRail. In
einem sind uns die französischen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner allerdings meilenweit
voraus. Denn trotz aller Konkurrenz haben die dortigen Bahngewerkschaften am 8. Februar
2007 eine eindrucksvolle gemeinsame
Demonstration für höhere Einkommen und gleichen Arbeitnehmerstatus und gegen die
Privatisierung der Bahn organisiert. Das ist vorbildlich. Auch hier gilt: Ohne Kontakte
zur SUDRail hätten wir dies gar nicht erfahren. Wir hätten uns gefreut, wenn die
TRANSNET-Medien über diese Einheit der französischen Gewerkschaften berichtet hätten.
Die Einladung zur Teilnahme an dieser Demonstration haben wir gerne angenommen. Gegenüber
der Brudergewerkschaft CGT-Cheminots haben wir übrigens keine Berührungsängste. Als wir
am 18. März 2007 in Berlin mit Michel Patard vom Vorstand der CGT-Cheminots über eine
stärkere deutsch-französische Zusammenarbeit im Abwehrkampf gegen die Privatisierung
sprachen und dabei unsere Kontakte zur SUDRail erwähnten, nahm der Kollege Patard daran
offensichtlich keinen Anstoß. Auch im Gespräch mit ihm stellten wir in wichtigen Fragen
eine Übereinstimmung fest. Eines
fällt auf: Während Dir viel an exklusiven Kontakten zur Brudergewerkschaft CGT zu liegen
scheint, darf die TRANSNET-Basis bisher nicht erfahren, wofür die CGT eigentlich
eintritt. Dass Didier Le Reste von der CGT-Cheminots beim letzten
TRANSNET-Gewerkschaftstag 2004 wie auch bei der Berliner Betriebsrätekonferenz und
Expertendiskussion am 31. Mai 2006 eine engagierte Rede gegen Liberalisierung und
Privatisierung hielt und eindringlich vor einem Börsengang der Bahn warnte, wurde in der
inform oder anderen TRANSNET-Medien bisher in keinem Wort erwähnt. Warum wohl? Worte
und Taten: TRANSNET und der DGB Deine
Behauptung, wir würden unserer französischen Brudergewerkschaft in den Rücken
fallen, und Deine ultimative Aufforderung, Verbindungen zur SUDRail abzubrechen,
erinnern an zurückliegende Jahrzehnte des kalten Krieges. Solche Zeiten der
Kontaktsperre und des Redeverbots gehören der Vergangenheit an. Das Beispiel CGT zeigt
übrigens, wie aus verpönten Schmuddelkindern über Nacht
Brudergewerkschaften werden können. TRANSNET-Mitglieder, die vor 10 oder 20 Jahren
(heimlich) mit CGT-Mitgliedern sprachen, sollten sich dessen auch nicht schämen. Bleiben
wir ohne in die Ferne zu schweifen mal einen Moment beim Thema
Brudergewerkschaften. So stellst Du in einer aktuellen TRANSNET-Publikation
fest: Wir sollten auch keine Berührungsängste gegenüber anderen Gewerkschaften
haben, die nicht im DGB sind (Zukunft hat Vergangenheit, 110 Jahre Gewerkschaft bei
der Bahn; Kapitel 10, Norbert Hansen, TRANSNET heute und morgen, Dezember 2006). Wie
passt das zusammen? Auf der einen Seite möchtest Du uns jeglichen Kontakt mit einer
kämpferischen französischen Gewerkschaft untersagen, nur weil sie formal (noch) nicht im
gleichen internationalen Dachverband organisiert ist. Auf der anderen Seite suchst Du mit
Nachdruck den Schulterschluss mit allerlei Verbänden, die mit dem DGB und den
entsprechenden internationalen Dachverbänden nichts am Hut haben. Um
Dich in diesem Zusammenhang noch einmal zu zitieren: Am 1. Mai 2006 unterzeichneten
die Vorsitzenden von sechs Gewerkschaften aus dem Verkehrsbereich TRANSNET, GDBA,
GÖD, KFG, CGPT und UFO eine Verfahrensregelung zur Zusammenarbeit. Grundaussage
dieser Vereinbarung ist, dass bei allen bestehenden Unterschieden Konsens darüber
besteht, der zunehmenden Tendenz von Lohn- und Sozialdumping im Bereich der
Verkehrswirtschaft entgegen zu wirken. (Zukunft hat Vergangenheit, Dezember 2006). Weiter
führst Du aus: Dennoch hat dieser Vorstoß der TRANSNET innerhalb des DGB zu
erheblicher Unruhe geführt. Dabei wird nicht versucht, die Chancen, die sich aus einem
solchen Prozess ergeben könnten zu analysieren, sondern es werden formale,
althergebrachte Verweigerungsgründe ins Feld geführt. Hier über den eigenen
gedanklichen Schatten zu springen und zumindest eine offene Diskussion zuzulassen, wäre
ein minimaler Einstieg in den unbedingt erforderlichen Veränderungsprozess.
(Zukunft hat Vergangenheit, Dezember 2006). Das
verstehen wir nicht: Auf der einen Seite springst Du als TRANSNET-Vorsitzender über den
eigenen gedanklichen Schatten, überwindest althergebrachte Verweigerungsgründe und
opferst sogar den Tag der Arbeit für einen Schulterschluss mit tendenziell
gelben Spalterverbänden (GÖD, KFG, CGPT sind Mitgliedsverbände im
Christlichen Gewerkschaftsbund CGB). Auf der anderen Seite willst Du als
TRANSNET-Vorsitzender Mitgliedern Deiner Gewerkschaft den Gedankenaustausch mit einer
tendenziell roten und bedeutenden französischen Gewerkschaft untersagen, nur
weil diese noch nicht im gleichen europäischen Dachverband drin ist. Mit
dem DGB gegen die Zerschlagung und Privatisierung der Deutschen Bahn Tatsache
ist: In TRANSNET, aber auch in unseren DGB-Brudergewerkschaften, sind viele Kolleginnen
und Kollegen der Auffassung, dass die CGB-Verbände als
gelbe und gegnerische Gewerkschaften einzuschätzen sind und sich mit
Dumping-Tarifverträgen den Arbeitgeberinteressen angepasst haben. Ein Beitrag im
ARD-Magazin Panorama unter dem Titel Wie christliche Gewerkschaften die
Arbeitnehmer verraten hat dies vor wenigen Wochen dokumentiert. Ein Schulterschluss
mit solchen Vereinen ist gelinde gesagt fragwürdig. Bleiben
wir beim Thema DGB. Viele gestandene TRANSNET-Mitglieder haben sich über das jüngste
Bekenntnis des Hauptvorstands zum Verbleib im DGB gefreut. Nach diesem Bekenntnis darf es
in dieser Frage kein Wackeln und keine Ausflüchte mehr geben! Es darf auch kein Vorwand
konstruiert werden, um am Ende doch noch den Bruch mit dem DGB herbeizuführen! Gleichzeitig
haben sich viele verwundert gefragt, warum Du Anfang März als einziger im
DGB-Bundesvorstand den Beschluss gegen die Privatisierung der DB AG abgelehnt hast. Dir
ist bekannt, dass eine Kapitalprivatisierung den Arbeitsplatzabbau beschleunigt. Dir ist
bekannt, was mit den Beschäftigten der Post und Telekom nach dem Börsengang passiert
ist. Beschäftigungssicherung besteht im DB-Konzern noch bis 2010. Dafür haben alle
Beschäftigten große Opfer gebracht. Und wie soll es dann weitergehen, wenn die privaten
Investoren eine Rendite von mindestens 10% erwarten und auf verstärktes Lohn- und
Sozialdumping drängen, so wie es derzeit das Telekom-Management betreibt? Dass
der DGB-Bundesvorstand und die Brudergewerkschaften ver.di und IG Metall sich so klar
gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn ausgesprochen haben, sollten wir als Hilfe in
einer schwierigen Auseinandersetzung auffassen und nicht als Einmischung in die
inneren Angelegenheiten der TRANSNET. Ob die Bahn für ein paar Milliarden direkt
oder indirekt in die Hände von Heuschrecken fällt und am Ende dann doch zerschlagen wird
das geht alle Gewerkschaften und die Allgemeinheit sehr wohl etwas an. Daher ist es
unverständlich, wenn Du in einem Interview mit der Welt feststellst:
Ich fühle mich durch den Beschluss der Bundesvorstände von ver.di und der IG
Metall zur Bahnprivatisierung attackiert. Solche Töne hätten wir eher vom
Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG erwartet, nicht aber vom
TRANSNET-Vorsitzenden. Tatsache
ist, dass sich schon der TRANSNET-Gewerkschaftstag 2000 einstimmig in einer Resolution
für den Erhalt einer einheitlichen und bundeseigenen Deutschen Bahn und gegen jede Art
von Ausverkauf ausgesprochen hat. Ende Mai 2006 hast Du am Rande des DGB-Bundeskongresses
gemeinsam mit dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske eine Erklärung mit der gleichen
Zielrichtung unterzeichnet. Warum wurde dies in den TRANSNET-Medien nirgendwo erwähnt?
Warum bekennst Du Dich nicht mehr zu dieser Zielsetzung und beschimpfst alle
Privatisierungsgegner in den DGB-Brudergewerkschaften als
Fundamentalisten? Warum missachtest Du die bundesweit und weltweit gemachten
negativen Erfahrungen mit Privatisierungen? Warum konzentrierst Du die Kraft nicht darauf,
gemeinsam mit dem DGB und anderen Verbündeten die Privatisierung der Deutschen Bahn zu
verhindern? Der Vertreter unserer britischen Brudergewerkschaft TSSA hat uns beim
Gewerkschaftstag 2004 eindringlich gewarnt: Keine einzige Bahnaktie soll in private
Hände gelangen! (siehe www.bahnvonunten.de/singh.htm).
Warum ignorierst Du solche Ratschläge? Der
kommende außerordentliche Gewerkschaftstag sollte die bisherigen Doppeldeutigkeiten und
Unklarheiten überwinden und eindeutig klarstellen: TRANSNET bleibt im DGB und TRANSNET
kämpft gemeinsam mit dem DGB gegen die Zerschlagung und Privatisierung der Bahn. Das
wäre der beste Beitrag, um die längerfristige Eigenständigkeit von TRANSNET zu sichern.
Mit
kollegialen Grüßen |
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