Bericht vom Arbeitstreffen in Fulda: Jetzt erst recht gegen Privatisierung,
Zerschlagung und Börsengang
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Das bisherige Engagement gegen eine
Zerschlagung und Privatisierung der Deutschen Bahn und Perspektiven des Widerstands nach
der Bundestagswahl standen im Mittelpunkt des Arbeitstreffens der Initiative Bahn
von unten am 3. September 2005 in Fulda. Unsere Wahl 2005: Für eine moderne
und demokratisierte Staatsbahn! Nein zu Zerschlagung, Privatisierung und Börsengang
lautet das unser Motto der Initiative im derzeitigen Bundestagswahlkampf: Schaut den
Kandidaten auf die Finger und fordert sie auf, in der Privatisierungsfrage Farbe zu
bekennen, so unser Appell an die Eisenbahner. Mit unserer konsequenten Ablehnung
jeglicher Privatisierung der Deutschen Bahn haben wir uns in der Gewerkschaft Transnet und
selbst bei manchen Linken nicht nur Freunde gemacht. Doch die Entwicklung der
letzten Monate, so der Grundtenor und die Überzeugung des Arbeitstreffens, hat die
Befürchtungen und Warnungen unserer Initiative vollauf bestätigt. So ist beim letzten
Transnet-Gewerkschaftstag im November 2004, der einen privatisierungskritischen Antrag
abschmetterte, noch eine heile Börsenwelt dargestellt und der von Bahnchef Mehdorn mit
Nachdruck betriebene Börsengang als willkommener Zugang zu frischem Kapital
begründet worden. Wenig später vereinbarten dann die drei Bahngewerkschaften einen
Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in dem u.a. als Vorleistung der
Eisenbahner für einen Börsengang der Urlaub gekürzt und die Arbeitszeit ohne
Lohnausgleich verlängert wurde. Löchrige Beschäftigungssicherung Wie löchrig die viel gerühmte
Beschäftigungssicherung bis zum 31.12.2010 wirklich ist, zeigt nun die
Praxis. Ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen soll nur gelten, so lange der
integrierte Bahnkonzern bestehen bleibt, besagt der Tarifvertrag. Genau dies eine
Zerschlagung des integrierten Bahnkonzerns ist ein Ziel von CDU/CSU, FDP und BDI
und droht nun unter einer Kanzlerin Merkel einzutreten. Ein
weiterer Haken ist die Bestimmung, wonach beim Verkauf eines
Tochterunternehmens an einen Dritten der Tarifvertrag über die Beschäftigungssicherung
keine Anwendung mehr finden wird. Dies bekommen jetzt etwa die rund 270 Beschäftigten der
Deutschen Eisenbahnreklame (DERG) zu spüren, die aktuell zum Verkauf und damit zur
Ausgliederung aus dem Konzern Deutsche Bahn ansteht. Die DERG ist die
traditionsreiche Werbetochter der Bahn und vermarktet die Werbeflächen in fast 6000
Bahnhöfen, an 3.670 Fahrzeugen im Fernverkehr vom ICE bis zum Schlafwagen, 14.700
Nahverkehrsfahrzeugen und 100 modernen Loks. Ebenso produziert die DERG für Fernzüge die
Fahrplanbroschüre Ihr Reiseplan mit jährlich 111,5 Millionen Lesern. Siehe
hierzu unseren Artikel auf dieser Seite: www.bahnvonunten.de/derg.htm
Im Falle der DERG zeigt sich: Bahnchef Mehdorn, der beim Transnet-Gewerkschaftstag Ende 2004 noch als aufgeklärter Manager, verlässlicher Verbündeter der Gewerkschaften und Garant eines integrierten Bahnkonzerns gefeiert worden war, vom gewerkschaftlichen Protest offensichtlich völlig unbeeindruckt. Seit dem durch Beschluss des Bahnvorstandes angelaufenen Bieterverfahren stehen in- und ausländische Kaufinteressenten, darunter namhafte europäische Werbeagenturen, Schlange, weil sie mit der DERG ein Schnäppchen und fette Beute wittern. Wird
die DERG in den nächsten Wochen verscherbelt, so bangen neben den DERG-Beschäftigten
auch viele Schein-Selbständige, die seit vielen Jahren als Plakatkleber in
den Regionen für die DERG tätig sind, um ihre Existenz. Siehe hierzu unseren Artikel auf
dieser Seite: www.bahnvonunten.de/dergopfer.htm
Da unabhängig vom Ausgang der
Bundestagswahl auf jeden Fall mit einem verschärften Privatisierungskurs und
härteren Angriffen gerade auch auf die Eisenbahner zu rechnen ist, wird Bahn von
unten in einer Neufassung ihrer Broschüre gegen Privatisierung und Börsengang die
aktuellen Erfahrungen einarbeiten und Argumente für die tagtägliche Diskussion liefern.
Wir werden die Debatte seit dem letzten Gewerkschaftstag und die Argumente der Kritiker an
unserer Position noch einmal dokumentieren und einem Realitätstest unterziehen. Dazu
gehört auch, dass angesichts der von SPD-Chef Müntefering angestoßenen
Heuschrecken-Diskussion nicht sein darf, dass nun ausgerechnet die Deutsche
Bahn ganz oder teilweise solchen Heuschrecken-Fonds zum Fraß vorgeworfen
werden soll. Dazu gehört auch die Tatsache, dass die Ablehnung des
EU-Verfassungsvertrages in Frankreich und den Niederlanden ein Votum der arbeitenden
Bevölkerung gegen die Privatisierungswut ist. Dies widerlegt auch den von der
Privatisierungslobby unter Hinweis auf Europa vorgegebenen
Sachzwang zur Liberalisierung und Privatisierung. Ebenso unterstützt Bahn von unten
das Aktionsbündnis Berliner! Schützt eure S-Bahn!, in dem sich Beschäftigte
und ein breiter Unterstützerkreis für den Erhalt und die Sicherung der Berliner S-Bahn
als ganzheitliches und eigenständiges Nahverkehrsunternehmen einsetzen und die Rücknahme
aller angebotsmindernden Maßnahmen sowie die Einstellung aller
Rationalisierungsmaßnahmen fordern. Der öffentliche Nahverkehr muss in öffentlicher
Hand bleiben und darf nicht zum Spielball renditehungriger Investoren werden.
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