Friß
oder stirb? Pest oder Cholera? |
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Wir
fordern die Bundesregierung, das Präsidium und die Abgeordneten
des Deutschen Bundestages und insbesondere die Mitglieder des
Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf, den
eingeleiteten Prozess der Beratung und Beschlussfassung über
eine materielle Privatisierung der Deutschen Bahn auszusetzen und das
vorliegende PRIMON-Gutachten auf Eis zu legen. Das vorliegende PRIMON-Gutachten blendet die Zielsetzung einer umweltfreundlichen Mobilität und die Interessen der Beschäftigten und Masse der Bahnkunden weitgehend aus. Für das PRIMON-Gutachten wurden fast nur ausschließlich solche Personen interviewt, die überzeugte Privatisierungsbefürworter sind bzw. ein materielles Interesse an Privatisierung haben könnten (siehe Auflistung der Interviewpartner auf S. 540-541). Ebenso wurden überwiegend privatisierungsfreundliche Quellen herangezogen (siehe S. 542-547). Eine solche Auswahl ist einseitig. Eine materielle Privatisierung würde auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen, zuwiderlaufen. Beschäftigte der Deutschen Bahn AG befürchten – insbesondere als Folge einer angedachten Trennung von Fahrweg und Betrieb – einen weiteren Abbau von 50.000 Arbeitsplätzen im Bahnkonzern. Nachdem der heutige Vizekanzler Franz Müntefering vor einem Jahr mit seiner Kritik an „Heuschrecken-Investoren“ bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein starkes Echo fand, ist heute umso gründlicher zu prüfen, ob der Bund überhaupt den Konzern Deutsche Bahn aus der Hand geben soll. „Niemand schreibt einen Börsengang vor“, stellte auch der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der DB AG und Vorsitzende der Bahngewerkschaft TRANSNET, Norbert Hansen, fest. Hansen forderte bei einer Pressekonferenz am 17. Februar 2006, anstatt nur über verschiedene Varianten der Privatisierung zu reden müsse nun auch über einen „Plan B“, also einen „Plan Bund“ diskutiert und somit untersucht werden, ob der Bahnkonzern nicht im vollständigen Eigentum des Bundes bleiben sollte: "Eigentlich haben wir zur Zeit einen Plan B, also ein Unternehmen in Bundeshand, und es funktioniert", so Norbert Hansen wörtlich. „Börsengang ist nicht der Weisheit letzter Schluss“, stellt auch das TRANSNET-Mitgliedermagazin inform in seiner aktuellen Ausgabe fest. In Großbritannien, wo eine vollständige Trennung von Fahrweg und Betrieb und eine vollständige Privatisierung der Transportgesellschaften erfolgt ist, fordern zwei Drittel der Bürger zahn Jahre nach der Bahnprivatisierung eine Wiederverstaatlichung der Bahn. Es kann nicht angehen, dass die Mitglieder des Hohen Hauses nach der Devise „Friss oder Stirb“ nur über verschiedene Varianten der materiellen Privatisierung befinden dürfen und somit ein vollständiger Verbleib der Deutschen Bahn in öffentlichem Besitz von vornherein kategorisch ausgeschlossen wird. Es gibt Alternativen. Daher muss in Ruhe und mit aller gebotenen Sorgfalt auch über den weiteren Ausbau einer bundeseigenen Bahn nachgedacht werden. Das PRIMON-Gutachten besagt, dass die Entscheidung über die Wahl des Strukturmodells heute die Spielregeln für die nächsten drei bis fünf Jahrzehnte entscheidet und „Korrekturen eventuell fehlerhafter Entscheidungen (…) nur bedingt vorgenommen werden“ können (Seite 9). Umso mehr ist ein gründliches Nachdenken über alternative Wege einer Bahn ohne materielle Privatisierung dringend geboten. Was tun? Wir empfehlen: Direkte Ansprache der Abgeordneten vor Ort und speziell der Mitglieder des Bundestags-Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Diese sind auf der Website des Deutschen Bundestages aufgelistet: |
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