Der Global Player läßt
grüßen |
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Das Hickhack zwischen der
Bundesregierung und dem Management
der Deutschen Bahn AG geht weiter. Auch nach der Ablehnung der
Umzugspläne
durch das Bundeskabinett will Bahnchef Hartmut Mehdorn weiter mit dem
Hamburger
Senat im Gespräch bleiben. Hamburg bietet dem Bahnkonzern zwei
landeseigene
Betriebe – die Hafenbetreibergesellschaft HHLA und den Hamburger
Nahverkehrsbetrieb HHB – zum Verkauf an und erwartet dafür
als Gegenleistung
den Umzug der DB-Konzernzentrale und weiterer zentraler Stellen von
Berlin nach
Hamburg. Die Deutsche Bahn AG
befindet sich derzeit noch zu 100
Prozent in Bundesbesitz und soll nach dem Willen der Bundesregierung
wie auch
von FDP und Grünen durch Börsengang schrittweise und
zügig privatisiert werden.
Lediglich die PDS (heute Linkspartei.PDS) hatte sich vor einem Jahr auf
ihrem
Parteitag in Potsdam gegen eine Bahn-Privatisierung ausgesprochen. Noch
hat
bzw. hätte der Bund allerdings als Eigentümer der Bahn AG bei
den
Entscheidungen der Konzerns das letzte Wort – wenn er wollte.
Vier
Staatssekretäre der alten Bundesregierung waren bisher auf der
Arbeitgeberseite
im Aufsichtsrat der Bahn AG vertreten, wo sie neben sechs weiteren
Vertretern
der Wirtschaftslobby und den zehn Vertretern von Arbeitnehmern und
Gewerkschaften den Konzernvorstand kontrollieren sollten. Der Kabinettsbeschluss
weckt den Anschein, dass der Bund als
Eigentümer im Berliner Bahn-Tower wieder die Zügel in die
Hand genommen hat.
Doch in den letzten Jahren ließ sie Mehdorn schalten und walten.
So hat der
Bahnkonzern – gegen den Protest der Gewerkschaften – in den
letzten Monaten den
Verkauf profitabler Unternehmensteile wie der Deutschen Touring GmbH,
der
Deutschen Eisenbahnreklame und der Ostsee-Fährgesellschaft
Scandlines
durchgepeitscht. Über Proteste im Aufsichtsrat wurde nichts
bekannt. Letzten
Monat forderte der Bahnchef, dass die Erlöse aus einem
Börsengang der Bahn
nicht im Bundeshaushalt, sondern in der Konzernkasse landen sollten. Mehdorn möchte den
Bahnkonzern mit Hilfe massiver
Bundesmittel zum „Global Player“ umwandeln und träumt
von einem
Logistikkonzern, der die Weltmeere und Lüfte beherrscht und in
allen
Kontinenten hohe Marktanteile hat. In DB-Mitarbeiterzeitungen wird
ausführlich
über das Vordringen der konzerneigenen Spedition Schenker auf dem
chinesischen
Markt berichtet. Dabei werden die Beschäftigten auch auf die
Tatsache
eingestimmt, dass der Schwerpunkt des Konzerns sich immer mehr vom
traditionellen Kerngeschäft Schienenverkehr loslöst. Letzte Woche gaben die
Bahn-Manager stolz den Erwerb der
weltweit operierenden US-Logistikfirma BAX Global bekannt. Der
Kaufpreis dürfte
bei einer Milliarde Euro liegen. Ähnlich wie die Deutsche Bahn
arbeitet auch
die Deutsche Post seit Jahren auf eine Weltmarktführerschaft im
globalen
Logistikgeschäft hin und kauft sich weltweit ein. Ein gnadenloser
weltweiter
Konkurrenzkampf zwischen ehemaligen deutschen Staatsbetrieben zeichnet
sich ab.
Ob dies – wie viele Gewerkschafter meinen – im Interesse
der Belegschaften
liegt, ist fraglich. Denn so wie die Deutsche Post auf der Jagd nach
hohen
Renditen sich immer mehr aus einer flächendeckenden Versorgung der
einheimischen Bevölkerung zurückzieht, Briefkästen
abmontiert und Filialen
schließt, würde der privatisierte Bahn-Konzern nach den
Renditevorgaben seiner
künftigen Großaktionäre gnadenlos Unternehmensteile
abstoßen und den Druck auf
die Beschäftigten erhöhen. Institutionelle Anleger
hätten für Belange der
Beschäftigten oder Infrastrukturwünsche der Politik nichts
mehr übrig. Was nach
einem Börsengang der Bahn auch den Eisenbahnern blühen wird,
das erleben
derzeit die Telekom-Beschäftigten: Trotz Überschüssen in
Milliardenhöhe drängen
die Konzern-Manager auf eine weitere Erhöhung der Rendite durch
Auspressen der
Arbeitskraft und Abbau von 32.000 Stellen. Während die
Bahngewerkschaften grundsätzlich Mehdorns
Konzernstrategie und den Erwerb von Mehrheitsanteilen der HHLA und HHB
durch
die DB AG begrüßten, zeigte sich der Hamburger
ver.di-Landesvorsitzende
Wolfgang Rose von den Plänen „höchst alarmiert“
und warnte vor einem Verkauf: „Für die
Deutsche Bahn sind Hochbahn und HHLA Unternehmen unter vielen –
für Hamburg
gehören sie zum Organismus dieser Stadt.“ Die Verantwortung
für die Zukunftsinvestitionen
müsse daher bei der Hamburger Regierung bleiben und dürfe
nicht in Mehdorns
Megakonzern untergehen: „Was würde aus dem Hafen, wenn die
Bundesregierung
irgendwann auch die Bahn AG privatisieren will?“
ver.di-Sekretär Dietmar Stretz
verweist darauf, dass der Baukonzern Hochtief von seinen vor wenigen
Jahren
erworbenen 49% Anteilen am Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel
inzwischen schon die
Hälfte an Finanzinvestoren abgestoßen habe und
befürchtet unter dem Einfluss
dieser Investoren zunehmenden Druck auf Löhne, Arbeitsbedingungen
und
Arbeitsplätze. Mit dem Hafen seien weit über 100.000
Hamburger Arbeitsplätze
verbunden. Die Hamburger Hochbahn
(HHB) dürfte für den Bahnkonzern als
potentielle Tochter auch deshalb interessant sein, weil sie seit Jahren
selbst
eine aggressive Expansionsstrategie im Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV)
betreibt. Ableger der HHB haben – so etwa in Fulda oder Wiesbaden
– mit
Dumpingangeboten bei ÖPNV-Ausschreibungen angestammte kommunale
oder private
Busunternehmen verdrängt und somit Arbeitsplätze
zerstört. Die Arbeitsbedingungen
sind dort nach wie vor schlechter als in den
Vorgänger-Unternehmen. Bei der
Übernahme der Linien gab es wochenlang Pleiten, Pech und Pannen.
Demnächst soll
die HHB in Nord- und Osthessen auch die Nahverkehrszüge der DB
Regio von den
Gleisen stoßen. Ob eine Einverleibung der HHB in einen
privatisierten
Bahnkonzern dieses Dumpinggebaren beenden würde, ist fraglich. |
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