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Weg von der Kernkompetenz? - DB kauft BAX Global Das
Geld lieber in den Ausbau des Schienengüterverkehrs investieren
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Vor wenigen Tagen ließen Berichte über einen Verkauf der US-amerikanischen Logistikfirma BAX Global an die Deutsche Bahn AG für über eine Milliarde Euro aufhorchen. Was hat es mit BAX Global auf sich? Der Brinks-Konzern, der vor wenigen Tagen BAX Global
verkauft hat, war ursprünglich auf gepanzerte Fahrzeuge für den Geld- oder
Wertsachentransport und private Wach- und Schließdienste spezialisiert. Dann
hat die Firma ihre Geschäftsfelder auf den Bereich der Alarmanlagen für
private Häuser und Wohnungen und Sicherungseinrichtungen gegen Diebstahl und
Hausbrand ausgedehnt. BAX ist in erster Linie ein Logistikunternehmen, das in
der Luft, auf der Straße und mit Ozeandampfern weltweit Güterverkehr
betreibt. Meines Wissens hat BAX so gut wie keine Schienenverkehrskompetenz.
Insofern werden sich durch den Aufkauf von BAX für die DB als
Schienenverkehrsunternehmen wenige oder gar keine Synergien ergeben. Stärkt dieser Kauf die
Deutsche Bahn und den deutschen Schienenverkehr? Ich kann mir schwer vorstellen, was BAX eigentlich mit der
Deutschen Bahn und ihrem „Stiefkind“ Schienengüterverkehr zu tun haben soll.
Anstatt Gelder des DB-Konzerns in BAX zu stecken oder hierfür gar Kredite
aufzunehmen, sollte die DB lieber ihre Mittel darauf verwenden, den
Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Vielleicht glaubt
das Management der Deutschen Bahn AG, dass es nicht kompetent genug ist, um
den Schienengüterverkehr in Europa wirklich zu steigern. Ich habe bei meinem
letzten Besuch in großen Rangierbahnhöfen in München und Hamburg mit eigenen
Augen gesehen, dass dort die Kapazitäten bei weitem nicht ausgelastet sind.
Jedenfalls wird der Kauf von BAX durch die DB nichts dazu beitragen, den
Güter- oder Personenverkehr auf Schienen in Deutschland zu verbessern. Aber nicht nur das Management, sondern auch
Aufsichtsrat und Gewerkschaften begrüßen den Kauf von BAX und die Entwicklung
der DB zum Global Player. Wenn die Deutsche Bahn mit überwiegend öffentlichen
Geldspritzen sich in der Welt alles Mögliche einkauft außer
Schienenverkehrsunternehmen und die Gewerkschaften als “Cheerleaders“ den
Global Player bejubeln, könnte genau darin ein Unterschied zu den
angelsächsischen Gewerkschaften liegen. Einige angelsächsische Gewerkschafter
sind davon überzeugt, dass das Management die deutschen Gewerkschaften „in
der Tasche“ hat. Eine Anpassungsstrategie mag zu Zeiten des
„Wirtschaftswunders“ noch Ergebnisse gebracht haben. Aber angesichts der
heutigen Globalisierung der Arbeitsmärkte fragt sich: Wen vertreten die
Gewerkschaften? Die Aktionäre? Oder Anleger aus Übersee? Nun beteuern Bahn-Manager, der Aufstieg zum Weltkonzern sichere heimische Arbeitsplätze. Eisenbahner-Arbeitsplätze werden so nicht sicherer. Dazu
müssten die DB-Manager ihre Hausaufgaben machen und in enger Zusammenarbeit
mit den anderen europäischen Bahnen den Anteil der Schiene am Güterverkehr
wesentlich steigern. Trotz aller Probleme muss ich feststellen, dass die
privaten nordamerikanischen Güterbahnen Investitionen vornehmen mit dem Ziel,
mehr und günstigeren Schienengüterverkehr anbieten zu können und die Verkehrssicherheit
zu erhöhen. Manchmal werden die privaten Güterbahnen in den USA an der Börse
dafür bestraft, dass sie so viel Geld in Infrastruktur und Rollmaterial
investieren. Ein Börsengang der Deutschen Bahn soll nach
Aussagen seiner Befürworter „frisches Kapital“ bringen. Ebenso ist die Rede
davon, dass dadurch US-amerikanische Pensionsfonds milliardenschwere
DB-Aktienpakete übernehmen könnten. Was wissen Sie darüber? Ich kann diese Frage nicht voll
beantworten. Ich würde aber empfehlen, dass die DB die von den Eisenbahnern
erarbeiteten und von deutschen Steuerzahlern eingebrachten Mittel nicht dafür
verwenden sollte, die Taschen künftiger privater Aktionäre zu füllen. Ein
Börsengang wird Investitionsgelder einbringen, aber wofür? Für weitere Einkäufe
wie BAX oder für einen systematischen Ausbau des heimischen Schienenverkehrs?
Solche Investitionen würden im Wesentlichen nicht dem Güter- oder
Personenverkehr auf Schienen zugute kommen. Schienenpersonenverkehr ist
gesellschaftlich notwendig, kann aber insgesamt betriebswirtschaftlich nicht
profitabel sein. Also würden die Interessen eines solchen Fonds den Konzern
immer weiter vom einheimischen Schienenverkehr weg orientieren. Wenn ein
Konzern anfängt, sich von seinem traditionellen Kerngeschäft wegzuentwickeln,
dann entwickelt er sich auch von seiner Kernkompetenz weg. Dann fängt der
Kern zu bröckeln an. Frederick C. Gamst ist gelernter Lokomotivführer
aus Kalifornien und wurde über den zweiten Bildungsweg Professor für
Anthropologie in Boston. Er arbeitet nach wie vor eng mit Bahngewerkschaften
zusammen und wirkt als Berater für Gewerkschaften und staatliche Behörden an
Projekten zur Verbesserung von Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz bei den
Eisenbahnen mit. Im Sommer 2003 besuchte Gamst deutsche Rangierbahnhöfe und
andere DB-Einrichtungen. Interview und Übersetzung: Hans-Gerd Öfinger |
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