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Italien:
"Kein Antistreikgesetz wird uns stoppen!" |
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Eisenbahner(innen) in Europa: |
Zwischen dem 25.März und dem 3.April 2000
wurde Italien von einer Reihe von Streiks im Transportsektor erschüttert. Diese
Arbeitskämpfe wurden von einer überwältigenden Mehrheit der Beschäftigten in der
Transportwirtschaft getragen. Zuerst bei den Eisenbahnen, dann bei den Fluglinien und in
der Folge auch bei den städtischen Verkehrsbetrieben. Den Beschäftigten ist es gelungen,
das ganze Land zu blockieren. Sie haben gezeigt, daß sie weitere Verschlechterungen ihrer
Arbeitsbedingungen nicht mehr hinzunehmen bereit sind. Hier ein Artikel von Paolo Grassi
aus FalceMartello. Übersetzt von Gernot Trausmuth. Die Regierung
und die Unternehmer haben natürlich keine Zeit verloren und sofort eine Hetzkampagne
gegen die Gewerkschaften losgetreten. Ihr Ziel war von Anfang an, ein neues Gesetz zu
verabschieden, wodurch das Streikrecht weiter eingeschränkt werden sollte. Sie hofften
dabei auf die Unterstützung der Benutzer des Transportsystems, welche durch die Streiks
betroffen waren. Die größten
Tageszeitungen, die allesamt finanziell vom Kapital abhängig sind, unterstützten diese
Kampagne voll und ganz und versuchten die Pendler und Schüler gegen die Transportarbeiter
aufzuhetzen. In der Öffentlichkeit wurde das Bild von egoistischen, unverantwortlichen
Beschäftigten gezeichnet, die an dem ganzen Chaos Schuld sind. Über die Gründe, warum
es aber überhaupt zu diesen Streiks gekommen war, wurde natürlich keine Zeile
geschrieben. Man schwieg über die Tatsache, daß die Unfälle bei den Eisenbahnen enorm
angestiegen sind, da aus Bilanzgründen bei der Instandhaltung und Reparatur der Anlagen
und Züge stark gekürzt sowie bei den Lokführern immer mehr Stellen abgebaut worden
waren. Geschwiegen wurde auch über die Tatsache, daß bei den lokalen öffentlichen
Verkehrsbetrieben ständig die Fahrpreise erhöht werden, man den Autobus- und
Straßenbahnfahrern aber immer längere Schichten aufzwingt und keine neuen Leute
eingestellt werden. Das alte
Antistreikgesetz, das Gesetz 146/90, war bereits sehr represiv: die Arbeiter wurden
gezwungen, Streiks mit einer großen Vorlaufzeit anzukündigen, es war verboten während
2/3 des Jahres überhaupt zu streiken, zu Weihnachten, Ostern und in den Wochen der
sommerlichen Hauptreisezeit etwa. Außerdem mußte immer ein Mindestmaß an Fern- und
Pendlerzügen weiterfahren. Die staatliche Kommission zur Einhaltung des Gesetzes wurde
mit ausreichender Macht ausgestattet, um die Gewerkschaften zu kontrollieren. Wer gegen
das Gesetz zu verstoßen versuchte, mußte mit hohen Geldstrafen rechnen. Das
neue Gesetz Das neue Gesetz
sieht eine Ausweitung dieser Bestimmungen auch auf die scheinselbständigen Arbeiter im
Transportwesen vor (was vor allem die LKW-Fahrer betrifft). Die Stoßrichtung des Gesetzes
ist es, die Gewerkschaften zum Verhandeln zu zwingen. Es wird eine sogenannte Abkühlungsklausel
eingeführt. Falls also Verhandlungen scheitern, muß es vor Ausrufen eines Streiks noch
einmal eine Verhandlungsrunde unter Beisein von Vertretern der beteiligten öffentlichen
Institutionen geben. Weiter gibt es eine Klausel, die zwischen zwei Streiks
Mindestintervalle vorschreibt, um eine permanente Störung ein und desselben
Transportbereiches verhindern zu können. Es sind außerdem Maßnahmen gegen jene
vorgesehen, die Streiks ankündigen und dann im letzten Moment wieder absagen, was für
die Transportwesen fast genauso negative Effekte hat wie ein Streik selbst. Man nennt dies
den Ankündigungseffekt. Die Macht der
oben genannten Kommission wird ebenfalls erweitert. Diese kann nun bis zu einem Drittel
des Personals dazu verpflichten, mindestens 50% des Betriebes in Gang zu halten. Wer sich
bei der Ausrufung eines Streiks nicht an diese Regeln hält, muß mit Strafen in der Höhe
von 5 bis zu 50 Millionen Lire rechnen. Diese Strafen treffen nun auch die Unternehmen,
womit diese gezwungen sind, diese auch zu zahlen. Früher gab es diese Strafen nur für
die Arbeiter, aber oft verzichteten die Unternehmen auf eine wirkliche Anwendung dieser
Regelung, weil sie Angst vor weiteren Proteststreiks hatten. Sozialpartnerschaft
am Ende Mitverantwortlich
für dieses neue Gesetz zeichnen auch die Führer der großen Gewerkschaften CGIL, CISL
und UIL,. In dem Ausmaß, in dem sich ihre sozialpartnerschaftliche Politik nur noch an
den Bedürfnissen des Marktes und nicht mehr an jenen der Beschäftigten orientiert hat,
haben sie unterwürfig die Forderungen der Unternehmen akzeptiert und somit ständig an
Glaubwürdigkeit bei den Beschäftigten verloren. Immer mehr Arbeiter
haben sich daher im Transportbereich von der CGIL verabschiedet und sich den
"autonomen" Gewerkschaften angeschlossen. Deshalb sehen sich die Gewerkschaften
gezwungen, gemeinsam mit der Regierung, auf dem Gesetzesweg und nicht mehr mittels
Verhandlungen Lösungen zu finden. In den kommenden
drei Jahren wollen die Eisenbahnen 20.000 Stellen abbauen, die Produktivität um 27%
erhöhen und die Arbeitskosten um 20% senken. Aus diesem Grund sind sie gezwungen, die
Beschäftigten noch mehr auszupressen. Die alten Arbeiter mit zu hohen
Gehältern, die noch dazu öfter im Krankenstand sind und gut gewerkschaftlich organisiert
sind, sollen durch jüngere und flexiblere Arbeitskräfte ersetzt werden. Die Arbeiter
sind angesichts dieser Perspektiven zum Kampf bereit. Es ist notwendig, daß in jeder
Werkstatt, in jedem Büro, in jedem Depot Komitees gegründet werden, in dem alle
Arbeiter, unabhängig davon ob und in welcher Gewerkschaft sie organisiert sind. Komitees,
die ein klares Programm haben, das zu den bisher unterzeichneten Abkommen eine Alternative
darstellt. Komitees, die
sich für neues Personal einsetzen und darauf achten, daß diese neuen Beschäftigten die
gleiche Rechte erhalten, wie jene, die bereits länger dort arbeiten. Komitees, die sich
gegen alle Einschränkungen unserer gewerkschaftlichen Rechte, einschließlich des
Streikrechts, zur Wehr setzen. Dieses Programm muß auch die Unterstützung der Benützer
des öffentlichen Transportsystems gewinnen. Dazu reicht es nicht aus, daß man kurz vor
dem Streik ein paar Flugblätter verteilt. Die Transportarbeiter müssen vor die Betriebe
und Schulen gehen, andere Betriebsräte kontaktieren, um so einen einheitlichen Kampf
vorzbereiten. Die Mehrheit der Kunden sind selber Arbeiter oder Schüler, die
ebenfalls von Sozialabbau betroffen sind. Das kann die einzige Antwort auf die
Hetzkampagne der Unternehmer und der Massenmedien sein. Der Kampf der
Transportbeschäftigten wird weitergehen. Kein Antistreikgesetz wird dies verhindern
können. Die gezielten Angriffe seitens der Unternehmen werden für weitere Arbeitskämpfe
sorgen. |
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