Wir wollen kein britisches Schienenchaos:
Finger weg von der Privatisierungsfalle!

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Von den Briten lernen heißt - die Bahn privatisieren, zerschlagen und zugrunde richten. Wie der Deutschlandfunk am 29. November 2000 meldete, herrscht derzeit auf britischen Schienen das totale Chaos. Die britischen Privatbahnen setzen neue Maßstäbe. So mußten die genervten Fahrgäste im Schnellzug London-Nottingham statt der üblichen zwei Stunden kürzlich neun Stunden ausharren, bis sie am Zielbahnhof ankamen. Durch Stromausfall stand der Zug mitten auf der Strecke stundenlang fest, ohne daß Abhilfe geschaffen worden wäre. Viele kleinere Entgleisungen wie jüngst bei Glasgow werden in der deutschen Presse erst gar nicht wahrgenommen.

1997 war die ehemalige britische Staatsbahn British Rail endgültig zerschlagen worden. So gibt es heute 25 private regionale Betreiber für den Personenverkehr, daneben vier Güterverkehrsgesellschaften, drei Gesellschaften für Traktion und Rollmaterial - und eben die berühmt-berüchtigte Netzbetreibergesellschaft Railtrack, die 32.000 km Schienenwege, 40.000 Kunstbauten und 2.500 Bahnhöfe (mehr schlecht als recht) verwaltet. Dieses Nebeneinander verschiedener Firmen bringt Chaos; die zunächst geschaffene staatliche Regulierungsbehörde ist völlig überfordert, so daß kürzlich eine zweite strategische Bahnbehörde eingerichtet werden mußte.

Das schwere Zugunglück am 17. Oktober 2000 nördlich von London hat hektische Betriebsamkeit und Aktionismus ausgelöst. Über Nacht wurden Langsamfahrstrecken eingerichtet und Reparaturkolonnen losgeschickt, um die heruntergekommenen Abschnitte notdürftig zu reparieren. Ergebnis: Chaos! Viele Züge brauchen jetzt doppelt so lang! Fahrgäste verpassen regelmäßig die fahrplanmäßigen Anschlußzüge.

Horrortrips wie die neunstündige Fahrt von London nach Nottingham zeigen Wirkung: Zunehmend steigen Pendler vom Zug auf das Auto um und verstopfen damit die chronisch überlasteten Straßen speziell im Raum London noch mehr.

Die britischen Erfahrungen sollten uns warnen: Finger weg von der Privatisierungsfalle. Ein unzweideutiges Signal vom Transnet-Gewerkschaftstag tut not. Die Bahn taugt nicht für Rosinenpickerei und Profiteure, die eine schnelle Mark (oder einen schnellen Euro) verdienen wollen. Kein Ausverkauf von Unternehmensteilen und Strecken! Die Bahn muß im Bundesbesitz bleiben! Einer Bundesregierung, die jetzt selbst ein traditionsreiches Unternehmen mit hoheitlichen und sensiblen Aufgaben wie die Bundesdruckerei zu 100 Prozent an Private verscherbelt, muß dringend auf die Finger geschaut (oder geklopft) werden, bevor es zu spät ist.

Hans-Gerd Öfinger

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