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Die
Regierungspläne nehmen Gestalt an. Mit Ende April wurde vom
Verkehrsministerium der neue Aufsichtsrat der ÖBB-Holding installiert. Die
Liste liest sich wie das Who-is-Who des österreichischen Kapitals: Reithofer,
Generaldirektor des Wienerbergerkonzerns, Rauch, tiefschwarzer
Fruchsaftproduzent aus Vorarlberg, Prehofer von der BA-CA, Kapsch von der
gleichnamigen Firma und führendes Mitglied der Industriellenvereinigung,
Niki Lauda...
Allen Aufsichträten ist gemeinsam, dass sie vom Bahnbetrieb zwar keine
Ahnung, aber sehr wohl geschäftliche Interessen daran haben. Niki Lauda, der
bereits zwei Fluglinien in den Konkurs steuerte, soll wohl sein bekannt
ruppiges Know-how im Umgang mit der gewerkschaftlichen Vertretung der
Belegschaft auf Schiene bringen.
Wir ham verlurn...
Der Bürgerblock-Blues hat die EisenbahnerInnen erfasst. Dabei hat alles gut
begonnen: der Novemberstreik war fest und solide, aber gerade deshalb wurde
er vom ÖGB abgebrochen. Die Führung der GdE änderte daher während des
Streikes kurzum die Weichenstellung: Nicht mehr die Verteidigung des
Unternehmens sondern die Verhinderung eines gesetzlichen Eingriffes in
Dienstverträge wurde zum Streikziel erklärt. Der Streik wurde mit dem
Kompromiss, ein Verhandlungsfenster bis 30. April zu öffnen, beendet – zu
früh wie heute an jedem Bahnhof zu hören ist. Die 100 Millionen vereinbarten
Einsparungen waren bisher nicht zu lukrieren und die Zeit bis 30. April wird
eng. Spießen tut es sich bei der Arbeitszeitregelung, denn ein 24
Stundenbetrieb kann schwer ins ArbVG, das von einer Regelarbeitszeit
ausgeht, hineingepresst werden.
Dienstrechtsverhandlung
Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wird künftig analog dem des AngG
geregelt. Dies beinhaltet teilweise eine formelle Verbesserung für die
KollegInnen, in der Realität werden durch diese Neuregelung in den nächsten
Jahren aber Hunderte EisenbahnerInnen in Geiselhaft genommen werden. Denn
jede einzelne Pensionierung bei der ÖBB wird zusätzlich vom Ministerium
geprüft. Diese Prüfung dauert Monate, und bisher waren arbeitsunfähige
KollegInnen durch den Krankenstand sozial abgesichert. In Zukunft werden die
KollegInnen zwischen die Mühlen von Pragmatisierung, Krankenstand und
verunmöglichter Pensionierung stehen. Und dies wird kein
Minderheitenprogramm werden, denn bis 2010 sollen 12.000 KollegInnen
abgebaut werden. Aufgrund der Altersstruktur der EisenbahnerInnen stehen
hier viele Pensionierungen an – die sind aber der Willkür des
Finanzministeriums ausgesetzt.
Auch die Verschlechterung bei den Entlassungsbestimmungen werden vielen
EisenbahnerInnen noch schwer im Magen liegen. Die Gewerkschaft verzichtet
hier auf das entscheidende Wort. Die Disziplinarverfahren werden so zum
zweiten wichtigen Instrument von Kündigungen und Änderungskündigungen im
Zuge der Zerschlagung der ÖBB.
Das Gehaltssystem sieht eine Verringerung der Lebensverdienstsumme vor.
Man sieht: Es gibt aus der Sicht der ArbeitnehmerInnen wenig Grund zur
Freude über die Verhandlungsergebnisse. Und was ist mit den noch offenen
Punkten?
Die Zukunft der Arbeitszeitregelungen werden weiter hinter verschlossenen
Türen diskutiert. Dazu ist keine Befragung der KollegInnen vorgesehen. Damit
ist die Urabstimmung zur Farce geworden. Dieser Bereich, der vor allem die
20.000 TurnusdienstlerInnen betrifft, bleibt in der Verhandlungsmasse. Man
kann mutmaßen, dass dies der Gewerkschaftsführung nur recht ist, so bleibt
die GdE nämlich weiter im Spiel, etwa in zukünftigen KV-Verhandlungen.
Der Schein einer Wahl
Urabstimmungen, prinzipiell ein sehr geeignetes Mittel zur Entscheidung über
wichtige Fragen der Gewerkschaftsbewegung, werden in Österreich für
bürokratische Manöver missbraucht. Die Abstimmung unter den EisenbahnerInnen
ist hier leider keine Ausnahme. Die Frage lautet, ob man mit den
Verschlechterungen einverstanden sei oder nicht. Als einzige Alternative
wird der gesetzliche Eingriff, der dann noch schlimmer ausfallen würde,
entgegengesetzt. Also „Teufel oder Beelzebub“ lautet die Frage. Die zweite
Frage bezieht sich auf Kampfmaßnahmen, allerdings nur falls es zum
gesetzliche Eingriff kommen sollte. Die angesichts der Regierungswünsche und
„Standorterfordnissen“ sehr biegsamen Gewerkschaftsspitze benutzte die
Urabstimmung, um die Verantwortung für den Sozialabbau bei der Bahn auf die
KollegInnen abzuwälzen.
http://www.fsg-zorn.at
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Aus:
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