Urabstimmung
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Nachdem an über 120 Orten Basisdialoge über
den neuen Beschäftigungssicherungsvertrag stattgefunden haben, sollen
Tarifkommission und TRANSNET-Hauptverstand bis Mitte Februar endgültig eine Entscheidung
fällen. Nach unseren Erfahrungen hatten die Veranstaltungen in vielen Orten einen
unerwartet starken Zulauf. Es wurden viele kritische Fragen gestellt und noch mehr
kritische Diskussionsbeiträge gehalten. Das alles ist auch gut so. Aber eine wirkliche
Urabstimmung aller Gewerkschaftsmitglieder (und nicht nur derer, die bei den
Basisdialogen anwesend sein konnten und zu dieser Uhrzeit gerade nicht im
Dienst waren) hat nicht stattgefunden. Nicht einmal bei allen Basisdialogen
wurde zweifelsfrei ermittelt, wie viele Mitglieder für oder gegen das Paket sind. Nach
unserer Erfahrung wurde Kritikern entgegengehalten, dass es zu diesem Tarifpaket
keine Alternative gebe. Solche Sachzwänge nach dem Motto
Friss oder stirb können wir nicht akzeptieren. Die
Vertreter der gewerkschaftlichen Unterhändler versicherten den Kolleginnen und Kollegen
ihre ehrlichen Absichten. Das wollen wir nicht in Frage stellen. Es lässt sich allerdings
angesichts der Knebel, die der Vertrag enthält, schwer vermitteln. Sicher, man könnte
sagen: Mehr war rein durch Verhandlungen und ohne gewerkschaftliche Kampfmittel und
Mobilisierung der Basis offensichtlich nicht drin. Aber wurde auf dem Gewerkschaftstag vor
drei Monaten nicht immer nur von "konzertierter Aktion" und
"Mitgestaltung" gesprochen? Wurde nicht in den "Basisdialogen" davon
gesprochen, dass das Tarifpaket den Weg zur "wirtschaftlichen Mitbestimmung
" eröffne? In Sachsen jedenfalls war es so. Hat man damit nicht jede Mobilisierung
unserer Kampfkraft von vornherein ausgeschlossen? Es stimmt, Kolleginnen und Kollegen
haben in ihren Beiträgen betont, dass wir doch froh sein sollten, überhaupt eine
Gewerkschaft zu besitzen. Doch wie kann von konsequenter Interessenvertretung der
Eisenbahner die Rede sein, wenn wir ohne Kampf immer nur einbüßen, aber nichts gewinnen
oder wenigstens das Erreichte erhalten? Nach
einer Gesamtbetrachtung fordern wir die Kolleginnen und Kollegen in den Gremien, die über
Annahme oder Ablehnung des Tarifvertrags zu entscheiden haben, auf: Stimmt mit Nein! Wir
wissen bereits von einigen, dass sie dies auch tun werden. Gleichzeitig fordern wir, die
umgehende Aufklärung aller Kolleginnen und Kollegen über jede Konsequenz des
Tarifpaketes einschließlich seiner Abhängigkeit von bestimmten politischen
Voraussetzungen. Auf dieser Grundlage kann und muss dann auch die Frage nach den
gewerkschaftlichen Kampfmitteln gestellt werden. Das vorliegende
Tarifpaket bringt Rückschritt und Zumutungen!
Dieser
Tarifvertrag ist insgesamt unannehmbar:
Was spricht für den
Tarifvertrag?
Anspruch und
Wirklichkeit
Was ist
zumutbar?
So
nicht!
All
diese Zumutungen sind unannehmbar. Der Verzicht auf betriebsbedingte
Kündigungen ist bei näherer Betrachtung so löchrig wie ein Schweizer Käse. Schon
frühere Beschäftigungsbündnisse haben nicht verhindern können, dass in den
letzten 10 Jahren der Konzern jeden zweiten Arbeitsplatz abgebaut hat. Jeder Schritt zur
Arbeitszeitverlängerung ist angesichts anhaltend hoher Massenarbeitslosigkeit
kontraproduktiv. Einkommenskürzungen drücken Kolleginnen und Kollegen der unteren
Einkommensgruppen an bzw. unter das Existenzminimum. Wenn
wir heute freiwillig die mühsam erkämpften Errungenschaften der Vergangenheit abgeben
und dann doch (siehe oben) das Kleingedruckte zum Tragen kommt und die Geschäftsgrundlage
entfällt, dann werden wir doppelt betrogen sein. Das
vorliegende Tarifwerk ist ein Ergebnis von Verhandlungen ohne direkte Einbeziehung und
rechtzeitige Information der Kolleginnen und Kollegen und zeigt, dass heutzutage ohne Druck und Kampf eben nur
Verschlechterungen möglich sind. Dabei werden diese Opfer und viele von uns werden
auf der Strecke liegen bleiben nicht als Happy End in die Geschichte eingehen,
sondern als Wendepunkt und kräftige Drehung an einer langen Spirale nach unten. Gemeinsam
kämpfen oder einzeln zur Schlachtbank geführt werden? Es gibt Alternativen.
Das
vorliegende Ergebnis ist ohne jegliche Mobilisierung, ohne eine einzige Demonstration und
ohne eine Sekunde Warnstreik zustande gekommen. Wer kämpft kann verlieren, wer nicht
kämpft hat schon verloren. Eine Niederlage ohne Kampf ist verheerend. Es darf doch nicht
wahr sein: Überall um uns herum wehren sich Eisenbahner gegen Liberalisierung,
Privatisierung und Arbeitsplatzverlust wie in den letzten Tagen in Frankreich. Und
wir lassen uns wehrlos die Butter vom Brot nehmen und abschlachten! Die Basisdialoge haben
aber ein starkes Interesse von Kolleginnen und Kollegen an einer gesicherten Zukunft zum
Ausdruck gebracht. Anstatt Kritikern mit dem Totschlagsargument Es gibt keine
Alternative entgegenzutreten, sollte unsere Gewerkschaft der Basis reinen Wein
einschenken und sie auf die unvermeidlichen Konflikte vorbereiten. Beitrag
des Managements?
In den
TRANSNET-Themen (Februar 2005) finden wir die Forderung, dass jetzt auch der Bahnvorstand
einen eigenen Beitrag zur Kostensenkung im Konzern zu leisten habe: Es
ist nicht hinnehmbar, dass von den Beschäftigten immer neue Sparbeträge gefordert werden
und das Management sich dabei zurückhält. Dies entspricht sicherlich dem
offenkundigen Unmut der Basis und zeigt, dass der TRANSNET-Hauptvorstand diese kritische
Stimmung an der Basis kennt. Wie in
anderen Konzernen sind auch die Manager der Bahn Weintrinker, die Wasser predigen. Was
aber wenn das DB-Management in den nächsten Tagen weder seine Gehälter offen legt noch
diese zu kürzen bereit ist? Im übrigen: es geht nicht darum, dass wir freiwillig und
ohne Widerstand opfern und uns mit symbolischen Gesten der Manager abspeisen
lassen (die können sich eine Einkommenssenkung um 5,5% leisten wir aber nicht!).
Die ganze Richtung (Lohnopfer und Arbeitszeitverlängerung) ist falsch. Urabstimmung
jetzt!
Nach
unsere Erfahrungen hat niemand verbindlich Buch geführt und kann somit auch nicht
schlüssig nachgewiesen werden, dass die 120 Basisdialoge das vorliegende Tarifpaket
abgesegnet haben. Eine saubere Abstimmung unter allen Mitgliedern, die im
DB-Konzern beschäftigt sind, hat erst recht nicht stattgefunden. Daher sollten
Tarifkommission und Hauptvorstand das vorliegende Paket ablehnen und eine Urabstimmung
aller Mitglieder einleiten. Dabei sollten die KollegInnen auf der Grundlage vollständiger
Information über alle Auswirkungen die Fragen beantworten:
Keine
Gewerkschaft kann zwei Herren dienen! Es darf doch nicht wahr sein: In Frankreich wehren
sich unsere Kolleginnen und Kollegen mit Streiks gegen Arbeitsplatzvernichtung, Streichung
der 35 Stunden-Woche und Privatisierung und wir
schauen tatenlos zu, wie man uns die Butter vom Brot nimmt und jede(n) einzeln
abschlachtet! Daher:
Urabstimmung jetzt!
8. Februar 2005 Zurück zur Startseite |