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„Bahn von unten“
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Lebhafte Debatte bei Bundesbetriebsrätekonferenz

Transnet-Basis gegen Börsengang

 

Konferenzen im Vorfeld eines Gewerkschaftstages können als Stimmungsbarometer dienen, wenn die beteiligten Akteure ihre Erfahrungen an der Basis offen zur Sprache bringen können und daraus Schlußfolgerungen ziehen. Bei der Bundesbetriebsrätekonferenz der Eisenbahnergewerkschaft Transnet in Karlsruhe, die am Donnerstag, 1. April 2004, zu Ende ging, machte die kontroverse Debatte über einen anstehenden Börsengang der Deutschen Bahn AG eines deutlich: Viele Betriebsräte aus allen Unternehmensbereichen haben aus ihrer alltäglichen Erfahrung mit der 10 Jahre andauernden Zerschlagung und Privatisierung der Deutschen Bahn Konsequenzen gezogen und lehnen den Ausverkauf des Unternehmens durch Börsengang strikt ab.

 

In seinem Grundsatzreferat zu Beginn der Tagung hatte der Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen ausführlich für seine Linie der "konstruktiven Mitwirkung" der Gewerkschaft an einem nach seiner Meinung unausweichlichen Börsengang der kompletten DB AG geworben. Wer gegen die Zerschlagung der Bahn sei, müsse den Börsengang der DB als Gesamtkonzern unterstützen. Diese von ihm, Hansen, und Bahnchef Mehdorn verfochtene Linie sei auf jeden Fall einem Börsengang einzelner Unternehmensbereiche (wie etwa Personenfernverkehr oder Güterverkehr) vorzuziehen, wie er etwa von konservativen Politikern favorisiert wird.

 

Hansen machte den Willen deutlich, hierbei Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Denn der letzte Gewerkschaftstag 2000 hatte noch die Forderung nach Erhalt einer bundeseigenen und einheitlichen Bahn beschlossen. In ungewohnter Schärfe kritisierte der Vorsitzende dabei die Eisenbahner-Basisinitiative "Bahn von unten" und wandte sich vehement gegen den Vorwurf, er betreibe einen Schmusekurs gegenüber Bahnmanagement und Politik. Wer den Börsengang grundsätzlich ablehne, der spiele denen in die Hände, die eine Zerschlagung der Bahn wollten.

 

Nachdem die Initiative auf ihrer Website www.bahnvonunten.de jüngst ausführlich auf einen offenen Brief Hansens geantwortet und die unterschiedlichen Standpunkte dargelegt hatte, forderte der Gewerkschaftschef die Initiative auf, sie sollte sich statt in Internetveröffentlichungen lieber in die Gewerkschaftsgremien einbringen.

 

Doch genau dies - in den Gremien Anträge stellen - hatten die "Bahn von unten"-Aktivisten gemacht. So lag der Konferenz ein aus ihren Reihen eingebrachter Antrag der Bezirksbetriebsrätekonferenz Hessen/Rheinhessen vor, der sich gegen jede Form von Privatisierung und Börsengang aussprach und die Einhaltung der Beschlußlage des letzten Gewerkschaftstages forderte. Als die Sprecherin der Antragskommission hierzu "Ablehnung" empfahl und als Begründung auf das Grundsatzreferat des Vorsitzenden verwies, entzündete sich eine heftige Debatte.

 

"Börsengang verhindert keine Zerschlagung", argumentierte eine Vertreterin der Antragsteller und verwies auf die Zerschlagung der Farbwerke Hoechst und anderer börsennotierter Konzerne, bei denen privater Profit und nicht die Interessen der Beschäftigten zählten. Es gebe weltweit kein positives Beispiel einer Bahnprivatisierung im Sinne der Eisenbahner, erklärte sie. Gerade jetzt sei es erforderlich, Bilanz zu ziehen und Erfahrungen mit den Privatisierungsopfern in anderen Branchen auszutauschen, gab ein weiterer Delegierter zu bedenken. Der von Antragsgegnern vorgebrachte Einwand, mit einem Beschluß gegen Börsengang würde einem Beschluß des nächsten Gewerkschaftstages im November vorgegriffen, verfehlte die erhoffte Wirkung. Ein Delegierter drückte die überwiegende Stimmung im Saale aus, als er forderte: "Der Gewerkschaftstag muß entscheiden, aber zuvor muß die ganze Organisation die Frage diskutieren. Und damit der Gewerkschaftstag entscheiden kann, braucht er diesen Antrag als Beschlußgrundlage."

 

So wurde - gegen den ausdrücklichen Willen und Widerstand der Gewerkschaftsspitze - der Antrag gegen Börsengang mit klarer Mehrheit angenommen.

 

Im Wortlaut: Der Beschluss von Karlsruhe

 

Hans-Gerd Öfinger


 

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