Stärkt den Mut zur kollektiven
Selbständigkeit. |
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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Zum Vortrag von Maria Clara
Roque-Öfinger, Betriebsrätin in der Frankfurter Zentrale einer von fünf AG's der
Deutschen Bahn, und Bernd Matern aus Hamburg, beide Mitglieder in der Gewerkschaft
Transnet GdED, am Do. 18. Oktober 2001 abends im Freizeitheim vor dem Gewerkschaftsforum
Hannover, hier meine folgenden Gedanken: Mein Eindruck war, man sieht sich in
der Opferrolle und kommt aus dem Jammern nicht heraus. Auch ich selbst konnte mich gestern
in meinen Äußerungen dieser Stimmung nicht entziehen. Ach es ist ja alles so schlimm.
Sie versprechen, alles würde nur besser, aber alles wird immer nur schlimmer für die
Beschäftigten der Bahn. Sie machen mit uns eben was sie wollen. Doch solches Jammern
hilft uns gar nicht weiter. Also, was ist hier Sache? Seit etlichen Jahren zwingt euch die
andere Seite wiedermal eine neue Ordnung auf. Dies geschieht, weil sie dazu keine andere
Alternative sieht. So wie es ist kann es nicht bleiben. Jedenfalls in ihrer Logik nicht.
Das haben sie verstanden und deshalb handeln sie so wie sie handeln. Ihre Logik ist die
des Profits. Ja das tut euch weh. Ihr jammert und wollt nur zurück zu den alten
Zuständen. Ja, die waren auch besser für euch, keine Frage. Doch welche Alternative, welche
eigene Logik, die gesellschaftlich trägt, habt ihr dagegen zu setzen?
Arbeitszeitverkürzung für alle, dieser Vorschlag ging schon in die richtige Richtung.
Aber ich meine nicht eine kapitalistische Reform, nur damit der eigene Laden wieder
floriert, sich gegen die Konkurrenz behauptet. Das kann die andere Seite eben besser. Soll nicht nur eure eigene Branche
auf Kosten anderer unbeschadet bleiben, so muß es schon eine gesamtgesellschaftliche
Alternative sein, eine Alternative, die über den gegenwärtigen Kapitalismus hinausweist.
Das Lohnsystem ist der Grund allen
Übels. Es muß weg. Doch ihr wollt es nur gerechter machen (lassen). Darin zeigt sich,
ihr habt ein knechtisches Bewußtsein, eben nur Werkzeuge zu sein. Ach die armen Werkzeuge
(Hände), die man plötzlich wieder so schlecht behandelt. Dabei gilt immer noch: Alle
Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will. Ja nur sie können nicht ewig still
stehen. Und was wird danach? Ja, ihr habt gehörige Angst vor dem Tag danach. Spätestens
dann, so glaubt ihr, braucht man die andere Seite, die Herren Arbeitgeber wieder. Aber
wozu braucht man sie eigentlich? Für den Betrieb des Unternehmens? Die Herren Manager
kommen und gehen. Etliche Kollegen haben bereits erkannt, es arbeitet sich besser, wenn
man sich nicht allzusehr um ihr vieles Geschwafel in Verlautbarungsform, den Wust von
zahlreichen, einander widersprechenden Richtlinien etc. kümmert. Eigentlich seid ihr die Herren der
Dinge. Der Laden läuft ohne diese Manager, wie sich im Kleinen immer wieder zeigt. Sprich
ihr habt potentiell eigentlich sehr viel Macht. Das gleiche gilt für die gesamte
Gesellschaft. Dort sind überhaupt die Werktätigen, sprich wir alle, Herren der Dinge,
wenn sie es nur wollen. Wir haben die Chance der Befreiung, sobald wir uns nicht länger
als Knechte, als Lohnsklaven, also als Werkzeuge benehmen, sondern unseren Kopf gebrauchen
und eine gesamtgesellschaftliche Alternative zum System der Lohnarbeit entwickeln. Es muß eine Alternative sein, in
der die Menschen aus freien Stücken, aus Verantwortung für das ganze Gemeinwesen
arbeiten, sich nicht dingen lassen. Denn Lohnarbeit produziert und reproduziert immer
wieder nur unseren Gegner, das Kapital. Sie ist seine Lebensgrundlage. Erst wenn wir uns
alle konsequent weigern, für Lohn zu arbeiten, vernichten wir seine Existenz und kommen
aus unserem ewigen Gefängnis frei. Um an dieses Ziel zu kommen, wäre
es jetzt unser aller Aufgabe, unsere Köpfe zu gebrauchen, um aus den heutigen Zuständen,
auf Grundlage der heutigen Produktivität, der Kenntnisse und Fähigkeiten unserer
heutigen Menschen eine Gesellschaft ohne Lohnarbeit und Kapital zu entwerfen und einen
sozialverträglichen Übergang dahin aus dem Jetztzustand entwickeln. Dazu sind wir heute
durchaus fähig. Wir müssen es nur wollen, statt uns weiterhin nur in Denkstrukturen von
Tarifverträgen zu bewegen. Ihr wisst es nicht oder wollt es
nicht wissen. Schade um euch. Fluch über euch. Solange das so bleibt, die Menschen sich
ihrer wahren Fähigkeiten nicht bewußt werden, ist unser aller Dasein als Lohn-Sklaven
gesichert. Denn im Gegensatz zu den Menschen von vor fünfzig oder gar hundert Jahren,
sind es heute keine materiellen Gegebenheiten mehr, sondern es ist einzig unser eigenes
rückständiges Bewußtsein, daß uns an unserer Befreiung hindert. Ja die andere Seite
tut sehr viel dazu, um unser Bewußtsein nicht zu sich selbst kommen zu lassen. Große
Industrien verdienen sich daran goldene Nasen, uns zu unterhalten, uns abzulenken, so
unsere Rückständigkeit in ganz bestimmten Dingen zu konservieren. Aber Bewußtsein ist veränderbar.
Diese Hoffnung bleibt immer. Dagegen ist die wichtigste
materielle Voraussetzung für einen demokratischen Übergang in eine freie Gesellschaft
längst gegeben: Die große Mehrheit der in diesem Lande lebenden Menschen ist bereits
lohnabhängig in irgendeiner Form. Die alten wirklich selbständigen Mittelschichten mit
eigenen Produktionsmitteln (zumeist Bauern) sind so gut wie verschwunden. Es hängt alles in erster Linie nur
noch am Bewußtsein der heutigen Menschen. Als materielle Komponente für die
Aufrechterhaltung des gegenwärtigen allgemein rückständigen Bewußtseins der Menschen
dienten relativ hohe Löhne, so auch der Beamtenstatus. Doch nun können sie all diese
schönen Privilegien nicht mehr bezahlen. Das ist eigentlich positiv zu sehen. Denn das
bedeutet auch, daß sehr viele Menschen aufwachen und ihren Kopf gebrauchen müssen. Also
wird Veränderung in unserer Gesellschaft wieder möglich. Wir müssen daran arbeiten, im
Alltag von den potentiellen und teilweisen zu den ganzheitlich tatsächlichen Herren der
Dinge zu werden. Erst wenn wir uns von der Angst vor
dem Tag danach emanzipieren, weil wir inzwischen genügend überzeugende eigene Konzepte
haben, es für alle Menschen besser zu machen als unsere bisherigen Herren und Manager,
erst dann werden wir innerlich genug frei sein, um unser Bewußtsein auch in äußere
Handlung zu übersetzen. Damit werden wir stark genug sein, die Richtung von
Veränderungen zu bestimmen, statt wie bisher sie nur zu erleiden. Eine andere, eine
bessere, eine freiere Welt, ist möglich! - eben als Welt mit freien Menschen - ohne
Kapitalisten und Lohnarbeiter! In diesem Sinne kann ich euch nur
zurufen, stärkt den Mut zur kollektiven Selbständigkeit. Macht weiter als "Bahn von
unten". Mit freundlichen Grüßen Ferdinand |
Der
Kampf um weitere Arbeitszeitverkürzung. Ein Kollege antwortet auf den Beitrag von Ferdinand |