Tarifabschluss
für die Deutsche Bahn: |
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"Es gibt
keine Alternative", mussten sich in den ersten Wochen des Jahres gut 8.500
Basismitglieder der Bahngewerkschaften TRANSNET und GDBA auf bundesweit rund 140
"Basisdialogen" immer wieder aus dem Munde ihrer Gewerkschaftssekretäre
anhören. Die Hauptamtlichen waren von ihren Vorständen damit beauftragt worden, der
Basis ein Tarifpaket schmackhaft zu machen, das das vielversprechende Etikett
"Beschäftigungssicherung" trägt, sich aber bei genauerem Blick auf das Kleingedruckte
sehr löchrig darstellte. Jetzt wurden unter dem Druck der Basis einige Nachbesserungen
und moderate Zugeständnisse erreicht, die allerdings nichts am Wesen und der Zielrichtung
des Vertragswerks ändern. Am späten Montagabend gaben Vorstände und Tarifkommissionen
der Bahngewerkschaften in Berlin grünes Licht für die zuvor mit dem Bahnmanagement
vereinbarten Tarifverträge. 5,5%
Prozent Notopfer für die Aktionäre Für eine Beschäftigungssicherung, d.h. den Verzicht des Bahn-Konzerns auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2010, hatten die Spitzen der Bahngewerkschaften bereits im Dezember 2004 die Vorgabe einer Senkung der Arbeitskosten um 5,5% akzeptiert und dementsprechend große Zugeständnisse gemacht. Sie erklärten sich so mit einer Anhebung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 40 Stunden und einer Kürzung des Jahresurlaubs um einen Tag einverstanden. Während die Beschäftigungssicherung für mehr Konzernteile als bisher gilt und manche(r) Betroffene darüber froh ist, werden von dieser Regelung ausdrücklich die rund 10.000 Eisenbahner(innen) ausgenommen, die seit weniger als 5 Jahren bei der Deutschen Bahn beschäftigt sind. Wer nach Wegfall seines Arbeitsplatzes nicht arbeitslos werden will, muss sich zur Beschäftigungssicherung äußerst flexibel und mobil in den Konzernarbeitsmarkt einbringen und unter Umständen auch einen Umzug über 600 km Entfernung in Kauf nehmen. In vielen
Basisdialogen war die Kritik der Mitglieder deutlicher zum Ausdruck gekommen
als es sich die Vorstände zunächst erhofft hatten. Viele Mitglieder hatten sich
selbstbewusst zu Wort gemeldet, die so etwas zuvor sonst nie getan haben. Daher zogen
Tarifkommissionen und Vorstände von Transnet und GDBA nach lebhaften Aussprachen Mitte
Februar die Notbremse, setzten die geplante Zustimmung zum Tarifpaket aus und orientierten
auf Nachbesserungen und Nachverhandlungen im Zusammenhang mit der anstehenden
Einkommensrunde. Nach den ursprünglichen Plänen der Tarifstrategen war eine Verknüpfung
der Einkommensrunde mit dem Tarifpaket zur "Beschäftigungssicherung" nicht
vorgesehen. 39 Stunden Um dem
unüberhörbaren Wunsch und Aufbegehren der Basis ein Stück weit entgegenzukommen, wurde
die Arbeitszeitverlängerung ohne Entgeltausgleich abgemildert; die Wochenarbeitszeit wird
nach Gewerkschaftsangaben ab 1. Juli 2005 nur auf 39 Wochenstunden (und nicht
wie ursprünglich vereinbart auf 40 Stunden) verlängert. Die Kürzung des
Jahresurlaubs um einen Tag bleibt hingegen bestehen. In einzelnen Konzernteilen könnte
die vereinbarte Flexibilisierung der Arbeitszeit allerdings nach wie vor bedeuten, dass
die Wochenarbeitszeit ohne Einkommens- und Personalausgleich auf 35 Stunden
reduziert wird und den Betroffenen dadurch hohe Einkommensverluste entstehen. Da die
Masse der Eisenbahner bescheidene Einkommen zwischen 1.700 und 1.800 Euro im Monat brutto
hat und etwa viele Reinigungskräfte mit ihrer Knochenarbeit nicht mal 1000 Euro netto im
Monat nach Hause bringen, hätte angesichts der schon bestehenden kritischen Stimmung an
der Basis eine Nullrunde bei den Einkommen noch mehr Wut ausgelöst. Daher wurde für den
Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2007 eine mäßige Einkommenserhöhung in Höhe von
50 Euro monatlich für alle vereinbart, nach Gewerkschaftsangaben eine soziale
Komponente, die uns sehr wichtig war. Zum Ende der Laufzeit, also Ende Juni 2007,
wird das Tabellenentgelt um 1,9 Prozent erhöht. Ebenfalls vereinbart wurden weitere
bescheidene jährliche Zusatzeinkommen in Form einer Mitarbeiterbeteiligung
am Konzernergebnis. Bereits Mitte 2005 sollen alle Eisenbahner mit einem Bonus von 100
Euro am erwarteten Konzernüberschuss für 2004 beteiligt werden. Für die Beteiligung am
Unternehmenserfolg bis 2010 wurden Schwellenwerte und Kriterien vereinbart.
Der von Transnet in den letzten Wochen lautstark geforderte Beitrag des Managements zur
Kostensenkung spielte bei den Verhandlungen am Montag keine Rolle mehr, könnte aber nach
Angaben von Transnet-Sprecher Michael Klein im Zusammenhang mit der anstehenden
Umstrukturierung des Konzerns realisiert werden. In die falsche Richtung - und keine Sekunde Warnstreik Gewerkschaftsinterne
Kritiker an der Basis bemängeln, dass auch eine Stunde Arbeitszeitverlängerung ein Weg
in die falsche Richtung ist und nach wie vor die Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich
der beste Weg zur Beschäftigungssicherung ist. Ebenso ziele trotz der als Lockvogel
vereinbarten Mitarbeiterbeteiligung die starke Senkung der Arbeitskosten angesichts
des von Bahnchef Mehdorn mit aller Gewalt angestrebten Börsengangs auf die Erhöhung der
Rendite künftiger Bahn-Aktionäre ab. Das am Verhandlungstisch erzielte Ergebnis sei ohne
eine Sekunde Warnstreik zu Stande gekommen und hätte bei einer ernsthaften Mobilisierung
der Kampfkraft wesentlich besser sein können, so ein Kritiker auf Anfrage. In mehreren
Basisdialogen hatte der Hinweis auf die zeitgleich in Frankreich stattfindenden
Arbeitsniederlegungen bei der Bahn ein starkes Echo und viel Beifall gefunden. Es
rettet uns kein Schell... Während
Transnet und GDBA sich immerhin einem bundesweiten Marathon von Basisdialogen unterzogen, hatte die
kleine, aber bei den DB-Lokführern stark verankerte Gewerkschaft Deutscher
Lokomotivführer (GDL) das ausgehandelte Paket über die Beschäftigungssicherung
in der ursprünglichen Form mit allen Kröten, Haken und Ösen bereits unmittelbar nach
Ende der Verhandlungen Mitte Dezember abgesegnet. Der GDL-Vorsitzende und frühere
CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Schell pflegte jahrelang sein Image als
Privatisierungskritiker und streitbarer Vorkämpfer der Eisenbahner. Doch auch Schell hat
"vom Grundsatz her nichts gegen einen Börsengang" der Deutschen Bahn AG und
stimmte schon 1994 im Bundestag für die Privatisierung der Post. Hans-Gerd
Öfinger, 1.3.05 |
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